Ungekürztes Werk "Faust 2" von Johann Wolfgang Goethe (Seite 82)

womit ich mich beladen;

Das leidige Zaubervolk bringt mich in harten Schaden.

ERZBISCHOF abermals zurückkehrend, mit tiefster Verbeugung.

Verzeih, o Herr! Es ward dem sehr verrufnen Mann

Des Reiches Strand verliehn; doch diesen trifft der Bann,

Verleihst du reuig nicht der hohen Kirchenstelle

Auch dort den Zehnten, Zins und Gaben und Gefälle.

KAISER verdrießlich.

Das Land ist noch nicht da: im Meere liegt es breit!

ERZBISCHOF.

Wers Recht hat und Geduld, für den kommt auch die Zeit.

Für uns mög Euer Wort in seinen Kräften bleiben!

KAISER allein.

So könnt ich wohl zunächst das ganze Reich verschreiben!

 

Fünfter Akt

 

Offene Gegend

Wanderer.

Ja! sie sinds, die dunkeln Linden,

Dort, in ihres Alters Kraft,

Und ich soll sie wiederfinden

Nach so langer Wanderschaft!

Ist es doch die alte Stelle,

Jene Hütte, die mich barg,

Als die sturmerregte Welle

Mich an jene Dünen warf!

Meine Wirte möcht ich segnen,

Hülfsbereit, ein wackres Paar.

Das, um heut mir zu begegnen,

Alt schon jener Tage war.

Ach, das waren fromme Leute!

Poch ich? ruf ich? – Seid gegrüßt,

Wenn, gastfreundlich, auch noch heute

Ihr des Wohltuns Glück genießt!

BAUCIS, Mütterchen, sehr alt.

Lieber Kömmling, leise! leise!

Ruhe! laß den Gatten ruhn!

Langer Schlaf verleiht dem Greise

Kurzen Wachens rasches Tun.

WANDERER. Sage, Mutter: bist dus eben,

Meinen Dank noch zu empfahn,

Was du für des Jünglings Leben

Mit dem Gatten einst getan?

Bist du Baucis, die geschäftig

Halberstorbnen Mund erquickt?

Der Gatte tritt auf.

Du Philemon, der so kräftig

Meinen Schatz der Flut entrückt?

Eure Flammen raschen Feuers,

Eures Glöckchens Silberlaut:

Jenes grausen Abenteuers

Lösung war euch anvertraut.

Und nun laßt hervor mich treten,

Schaun das grenzenlose Meer!

Laßt mich knieen, laßt mich beten!

Mich bedrängt die Brust so sehr.

Er schreitet vorwärts auf der Düne.

PHILEMON zu Baucis.

Eile nur, den Tisch zu decken,

Wos im Gärtchen munter blüht!

Laß ihn rennen, ihn erschrecken!

Denn er glaubt nicht, was er sieht.

Neben dem Wandrer stehend.

Das Euch grimmig mißgehandelt,

Wog auf Woge, schäumend-wild,

Seht als Garten Ihr behandelt,

Seht ein paradiesisch Bild.

Älter, war ich nicht zuhanden,

Hülfreich nicht wie sonst bereit,

Und wie meine Kräfte schwanden,

War auch schon die Woge weit.

Kluger Herren kühne Knechte

Gruben Gräben, dämmten ein,

Schmälerten des Meeres Rechte,

Herrn an seiner Statt zu sein.

Schau grünend Wies an Wiese,

Anger, Garten, Dorf und Wald! –

Komm nun aber und genieße;

Denn die Sonne scheidet bald! –

Dort im Fernsten ziehen Segel,

Suchen nächtlich sichern Port:

Kennen doch ihr Nest die Vögel;

Denn jetzt ist der Hafen dort.

So erblickst du in der Weite

Erst des Meeres blauen Saum,

Rechts und links, in aller Breite,

Dichtgedrängt bewohnten Raum.

Am Tische zu drei, im Gärtchen.

BAUCIS. Bleibst du stumm? und keinen Bissen

Bringst du zum verlechzten Mund?

PHILEMON. Möcht er doch vom Wunder wissen!

Sprichst so gerne: tus ihm kund!

BAUCIS. Wohl! ein Wunder ists gewesen!

Läßt mich heute nicht in Ruh;

Denn es ging das ganze Wesen

Nicht mit rechten Dingen zu.

PHILEMON. Kann der Kaiser sich versündgen,

Der das Ufer ihm verliehn?

Täts ein Herold nicht verkündgen

Schmetternd

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