Ungekürztes Werk "Der Scheich von Alexandria und seine Sklaven" von Wilhelm Hauff (Seite 61)

zu entfernen.

Seit diesem Tage lebte Almansor glücklich und in Freuden. Den arabischen Professor, von welchem er dem Kaiser erzählte, durfte er noch einige Male besuchen, den Doktor aber sah er nicht mehr. Nach einigen Wochen ließ ihn der Kaiser zu sich rufen und kündigte ihm an, daß ein Schiff vor Anker liege, mit dem er ihn nach Ägypten senden wolle.

Almansor war außer sich vor Freude; wenige Tage reichten hin, um ihn auszurüsten, und mit einem Herzen voll Dankes und mit Schätzen und Geschenken reich beladen, reiste er vom Kaiser ab ans Meer und schiffte sich ein.

Aber Allah wollte ihn noch länger prüfen, wollte seinen Mut im Unglück noch länger stählen und ließ ihn die Küste seiner Heimat noch nicht sehen. Ein anderes fränkisches Volk – die Engländer – führte damals Krieg mit dem Kaiser auf See. Sie nahmen ihm alle Schiffe weg, die sie besiegen konnten, und so kam es, daß am sechsten Tage der Reise das Schiff, auf welchem sich Almansor befand, von englischen Schiffen umgeben und beschossen wurde; es mußte sich ergeben, und die ganze Mannschaft wurde auf ein kleineres Schiff gebracht, das mit den anderen weitersegelte.

Doch auf der See ist es nicht weniger unsicher als in der Wüste, wo unversehens die Räuber auf die Karawanen fallen und sie totschlagen und plündern. Ein Kaper von Tunis überfiel das kleine Schiff, das der Sturm von den größeren Schiffen getrennt hatte, und es wurde genommen und alle Mannschaft nach Algier geführt und verkauft.

Almansor kam zwar nicht in so harte Sklaverei wie die Christen, weil er ein rechtgläubiger Muselman war, aber dennoch war jetzt wieder alle Hoffnung verschwunden, die Heimat und den Vater wiederzusehen. Dort lebte er bei einem reichen Mann fünf Jahre und mußte die Blumen begießen und den Garten bauen.

Da starb der reiche Mann ohne nahe Erben; seine Besitzungen wurden zerrissen, seine Sklaven geteilt, und Almansor fiel in die Hände eines Sklavenmaklers. Dieser rüstete um diese Zeit ein Schiff aus, um seine Sklaven anderwärts teurer zu verkaufen. Der Zufall wollte, daß ich selbst ein Sklave dieses Händlers war und auf dasselbe Schiff kam, wo auch Almansor sich befand. Dort lernten wir uns kennen, und dort erzählte er mir seine wunderbaren Schicksale.

Doch – als wir landeten, war ich Zeuge der wunderbarsten Fügung Allahs: Es war die Küste seines Vaterlandes, an welche wir aus dem Boot stiegen; es war der Markt seiner Vaterstadt, wo wir öffentlich ausgeboten wurden, und – o Herr, daß ich es kurz sage – es war sein eigener, sein teurer Vater, der ihn kaufte!

*

Der Scheich Ali Banu war in tiefes Nachdenken versunken über diese Erzählung; sie hatte ihn unwillkürlich mit sich fortgerissen. Seine Brust hob sich, seine Augen glühten, und er war oft nahe daran, seinen jungen Sklaven zu unterbrechen; aber das Ende der Erzählung schien ihn nicht zu befriedigen. »Er könnte jetzt einundzwanzig Jahre haben, sagst du?« fing er an zu fragen.

»Ja, Herr, er ist in meinem Alter, ein- bis zweiundzwanzig Jahre.«

»Und welche Stadt nannte er seine Geburtsstadt? Das hast du uns noch nicht gesagt.«

»Wenn

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