Ungekürztes Werk "Die Elixiere des Teufels" von E. T. A. Hoffmann (Seite 145)

und von einem kleinen Jahresgehalt, den ihm der regierende Bruder ausgesetzt, kümmerlich genug lebte. Francesko war sonst ein stolzer, übermütiger Jüngling gewesen, nur der alte Leonardo zähmte seinen wilden Sinn, und als Francesko dem fürstlichen Stand entsagt hatte, wurde er Leonardos frommer, treuer Sohn. Er half dem Alten manch wichtiges großes Werk vollenden, und es geschah, daß der Schüler, sich hinaufschwingend zu der Höhe des Meisters, berühmt wurde und manches Altarblatt für Kirchen und Klöster malen mußte. Der alte Leonardo stand ihm treulich bei mit Rat und Tat, bis er denn endlich im hohen Alter starb. Da brach wie ein lange mühsam unterdrücktes Feuer in dem Jüngling Francesko wieder der Stolz und Übermut hervor. Er hielt sich für den größten Maler seiner Zeit, und die erreichte Kunstvollkommenheit mit seinem Stande paarend, nannte er sich selbst den fürstlichen Maler. Von dem alten Leonardo sprach er verächtlich und schuf, abweichend von dem frommen, einfachen Stil, sich eine neue Manier, die mit der Üppigkeit der Gestalten und dem prahlenden Farbenglanz die Augen der Menge verblendete, deren übertriebene Lobsprüche ihn immer eitler und übermütiger machten.

Es geschah, daß er zu Rom unter wilde, ausschweifende Jünglinge geriet, und wie er nun in allem der Erste und Vorzüglichste zu sein begehrte, so war er bald im wilden Sturm des Lasters der rüstigste Segler. Ganz von der falschen, trügerischen Pracht des Heidentums verführt, bildeten die Jünglinge, an deren Spitze Francesko stand, einen geheimen Bund, in dem sie, das Christentum auf frevelige Weise verspottend, die Gebräuche der alten Griechen nachahmten und mit frechen Dirnen verruchte sündhafte Feste feierten. Es waren Maler, aber noch mehr Bildhauer unter ihnen, die wollten nur von der antikischen Kunst etwas wissen und verlachten alles, was neue Künstler, von dem heiligen Christentum entzündet, zur Glorie desselben erfunden und herrlich ausgeführt hatten. Francesko malte in unheiliger Begeisterung viele Bilder aus der lügenhaften Fabelwelt. Keiner als er vermochte die buhlerische Üppigkeit der weiblichen Gestalten so wahrhaft darzustellen, indem er von lebenden Modellen die Karnation, von den alten Marmorbildern aber Form und Bildung entnahm. Statt wie sonst in den Kirchen und Klöstern sich an den herrlichen Bildern der alten frommen Meister zu erbauen und sie mit künstlerischer Andacht aufzunehmen in sein Inneres, zeichnete er emsig die Gestalten der lügnerischen Heidengötter nach. Von keiner Gestalt war er aber so ganz und gar durchdrungen als von einem berühmten Venusbilde, das er stets in Gedanken trug.

Das Jahrgehalt, das Zenobio dem Bruder ausgesetzt hatte, blieb einmal länger als gewöhnlich aus, und so kam es, daß Francesko bei seinem wilden Leben, das ihm allen Verdienst schnell hinwegraffte und das er doch nicht lassen wollte, in arge Geldnot geriet. Da gedachte er, daß vor langer Zeit ihm ein Kapuzinerkloster aufgetragen hatte, für einen hohen Preis das Bild der heiligen Rosalia zu malen, und er beschloß, das Werk, das er aus Abscheu gegen alle christlichen Heiligen nicht unternehmen wollte, nun schnell zu vollenden, um das Geld zu erhalten. Er gedachte die Heilige nackt und in Form und Bildung des Gesichts jenem Venusbilde gleich darzustellen. Der

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