Ungekürztes Werk "Die Elixiere des Teufels" von E. T. A. Hoffmann (Seite 174)

ganz zu verschütten, denn trankst du nur einen Tropfen, so warst du hin in Zeit von zehn Minuten.« – »O schaut her!« rief ich und zeigte, den Ärmel der Kutte aufstreifend, dem Prior meinen bis auf den Knochen eingeschrumpften Arm, indem ich erzählte, wie ich, Böses ahnend, den Wein in den Ärmel gegossen. Leonardus schauerte zurück vor dem häßlichen Anblick des mumienartigen Gliedes und sprach dumpf in sich hinein: »Gebüßt hast du, der du freveltest auf jegliche Weise; aber Cyrillus – du frommer Greis!« – Ich sagte dem Prior, daß mir die eigentliche Ursache der heimlichen Hinrichtung des armen Cyrillus unbekannt geblieben. »Vielleicht«, sprach der Prior, »hattest du dasselbe Schicksal, wenn du wie Cyrillus als Bevollmächtigter unseres Klosters auftratst. Du weißt, daß die Ansprüche unseres Klosters Einkünfte des Kardinals ***, die er auf unrechtmäßige Weise zieht, vernichten; dies war die Ursache, warum der Kardinal mit des Papstes Beichtvater, den er bis jetzt angefeindet, plötzlich Freundschaft schloß und so sich in dem Dominikaner einen kräftigen Gegner gewann, den er dem Cyrillus entgegenstellen konnte. Der schlaue Mönch fand bald die Art aus, wie Cyrill gestürzt werden konnte. Er führte ihn selbst ein bei dem Papst und wußte diesem den fremden Kapuziner so darzustellen, daß der Papst ihn wie eine merkwürdige Erscheinung bei sich aufnahm und Cyrillus in die Reihe der Geistlichen trat, von denen er umgeben. Cyrillus mußte nun bald gewahr werden, wie der Statthalter des Herrn nur zu sehr sein Reich in dieser Welt und ihren Lüsten suche und finde; wie er einer heuchlerischen Brut zum Spielwerk diene, die ihn trotz des kräftigen Geistes, der sonst ihm einwohnte, den sie aber durch die verworfensten Mittel zu beugen wußte, zwischen Himmel und Hölle herumwerfe. Der fromme Mann, das war vorauszusehen, nahm großes Ärgernis daran und fühlte sich berufen, durch feurige Reden, wie der Geist sie ihm eingab, den Papst im Innersten zu erschüttern und seinen Geist von dem Irdischen abzulenken. Der Papst, wie verweichlichte Gemüter pflegen, wurde in der Tat von des frommen Greises Worten ergriffen, und eben in diesem erregten Zustande wurde es dem Dominikaner leicht, auf geschickte Weise nach und nach den Schlag vorzubereiten, der den armen Cyrillus treffen sollte. Er berichtete dem Papst, daß es auf nichts Geringeres abgesehen sei als auf eine heimliche Verschwörung, die ihn der Kirche als unwürdig der dreifachen Krone darstellen sollte; Cyrillus habe den Auftrag, ihn dahin zu bringen, daß er irgendeine öffentliche Bußübung vornehme, welche dann als Signal des förmlichen, unter den Kardinälen gärenden Aufstandes dienen würde. Jetzt fand der Papst in den salbungsvollen Reden unseres Bruders die versteckte Absicht leicht heraus, der Alte wurde ihm tief verhaßt, und nur um irgendeinen auffallenden Schritt zu vermeiden, litt er ihn noch in seiner Nähe. Als Cyrillus wieder einmal Gelegenheit fand, zu dem Papst ohne Zeugen zu sprechen, sagte er geradezu, daß der, der den Lüsten der Welt nicht ganz entsage, der nicht einen wahrhaft heiligen Wandel führe, ein unwürdiger Statthalter des Herrn und der Kirche eine Schmach und Verdammnis bringende Last sei, von der

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