Ungekürztes Werk "Die Elixiere des Teufels" von E. T. A. Hoffmann (Seite 172)

seine Rechnung zu machen, Messen lesen ließe. So geschah es denn, daß ich das Kleid nach der Stadt trug, aber kein Trödler wollte es kaufen, und ein Kapuzinerkloster gab es nicht am Orte; endlich kam ein Mann, seiner Kleidung nach war's wohl ein Jäger oder ein Förster, der sagte, er brauche gerade solch einen Kapuzinerrock und bezahlte mir meinen Fund reichlich. Nun ließ ich von unserm Herrn Pfarrer eine tüchtige Messe lesen und setzte, da im Teufelsgrunde kein Kreuz anzubringen, hier eins hin zum Zeichen des schmählichen Todes des Herrn Kapuziners. Aber der selige Herr muß etwas viel über die Schnur gehauen haben, denn er soll hier noch zuweilen herumspuken, und so hat des Herrn Pfarrers Messe nicht viel geholfen. Darum bitte ich Euch, ehrwürdiger Herr, seid Ihr gesund heimgekehrt von Eurer Reise, so haltet ein Amt für das Heil der Seele Eures Ordensbruders Medardus. Versprecht mir das!« – »Ihr seid im Irrtum, mein guter Freund!« sprach ich, »der Kapuziner Medardus, der vor mehreren Jahren auf der Reise nach Italien durch Euer Dorf zog, ist nicht ermordet. Noch bedarf es keiner Seelenmesse für ihn, er lebt und kann noch arbeiten für sein ewiges Heil! – Ich bin selbst dieser Medardus!« – Mit diesen Worten schlug ich meine Kutte auseinander und zeigte ihm den in den Zipfel gestickten Namen Medardus. Kaum hatte der Bauer den Namen erblickt, als er erbleichte und mich voll Entsetzen anstarrte. Dann sprang er jählings auf und lief, laut schreiend, in den Wald hinein. Es war klar, daß er mich für das umgehende Gespenst des ermordeten Medardus hielt, und vergeblich würde mein Bestreben gewesen sein, ihm den Irrtum zu benehmen. – Die Abgeschiedenheit, die Stille des Orts, nur von dem dumpfen Brausen des nicht fernen Waldstroms unterbrochen, war auch ganz dazu geeignet, grauenvolle Bilder aufzuregen; ich dachte an meinen gräßlichen Doppeltgänger, und angesteckt von dem Entsetzen des Bauers, fühlte ich mich im Innersten erbeben, da es mir war, als würde er aus diesem, aus jenem finstern Busch hervortreten. – Mich ermannend schritt ich weiter fort, und erst dann, als mich die grausige Idee des Gespenstes meines Ichs, für das mich der Bauer gehalten, verlassen, dachte ich daran, daß mir nun ja erklärt worden sei, wie der wahnsinnige Mönch zu dem Kapuzinerrock gekommen, den er mir auf der Flucht zurückgelassen und den ich unbezweifelt für den meinigen erkannt hatte. Der Förster, bei dem er sich aufhielt und den er um ein neues Kleid angesprochen, hatte ihn in der Stadt von dem Bauern gekauft. Wie die verhängnisvolle Begebenheit am Teufelsgrunde auf merkwürdige Weise verstümmelt worden, das fiel tief in meine Seele, denn ich sah wohl, wie alle Umstände sich vereinigen mußten, um jene unheilbringende Verwechslung mit Viktorin herbeizuführen. Sehr wichtig schien mir des furchtsamen Nachbars wunderbare Vision, und ich sah mit Zuversicht noch deutlicherer Aufklärung entgegen, ohne zu ahnen, wo und wie ich sie erhalten würde.

Endlich, nach rastloser Wanderung mehrere Wochen hindurch, nahte ich mich der Heimat; mit klopfendem Herzen sah ich die Türme des Zisterzienser-Nonnenklosters vor mir aufsteigen.

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