Ungekürztes Werk "Die Elixiere des Teufels" von E. T. A. Hoffmann (Seite 175)

sie sich befreien müsse. Bald darauf, und zwar nachdem man Cyrillus aus den innern Kammern des Papstes treten gesehen, fand man das Eiswasser, welches der Papst zu trinken pflegte, vergiftet. Daß Cyrillus unschuldig war, darf ich dir, der du den frommen Greis gekannt hast, nicht versichern. Doch überzeugt war der Papst von seiner Schuld, und der Befehl, den fremden Mönch bei den Dominikanern heimlich hinzurichten, die Folge davon.

Du warst in Rom eine auffallende Erscheinung; die Art, wie du dich gegen den Papst äußertest, vorzüglich die Erzählung deines Lebenslaufs, ließ ihn eine gewisse geistige Verwandtschaft zwischen ihm und dir finden; er glaubte, sich mit dir zu einem höhern Standpunkt erheben und in sündhaftem Vernünfteln über alle Tugend und Religion recht erlaben und erkräftigen zu können, um, wie ich wohl sagen mag, mit rechter Begeisterung für die Sünde zu sündigen. Deine Bußübungen waren ihm nur ein recht klug angelegtes heuchlerisches Bestreben, zum höheren Zweck zu gelangen. Er bewunderte dich und sonnte sich in den glänzenden, lobpreisenden Reden, die du ihm hieltst. So kam es, daß du, ehe der Dominikaner es ahnte, dich erhobst und der Rotte gefährlicher wurdest, als es Cyrillus jemals werden konnte. – Du merkst, Medardus, daß ich von deinem Beginnen in Rom genau unterrichtet bin; daß ich jedes Wort weiß, welches du mit dem Papst sprachst, und darin liegt weiter nichts Geheimnisvolles, wenn ich dir sage, daß das Kloster in der Nähe Seiner Heiligkeit einen Freund hat, der mir genau alles berichtete. Selbst als du mit dem Papst allein zu sein glaubtest, war er nahe genug, um jedes Wort zu verstehen. –

Als du in dem Kapuzinerkloster, dessen Prior mir nahe verwandt ist, deine strengen Bußübungen begannst, hielt ich deine Reue für echt. Es war dem wohl auch so, aber in Rom erfaßte dich der böse Geist des sündhaften Hochmuts, dem du bei uns erlagst, aufs neue. Warum klagtest du dich gegen den Papst Verbrechen an, die du niemals begingst? – Warst du denn jemals auf dem Schlosse des Barons von F.?« – »Ach, mein ehrwürdiger Vater«, rief ich, von innerm Schmerz zermalmt, »das war ja der Ort meiner entsetzlichsten Frevel! – Das ist aber die härteste Strafe der ewigen unerforschlichen Macht, daß ich auf Erden nicht gereinigt erscheinen soll von der Sünde, die ich in wahnsinniger Verblendung beging! – Auch Euch, mein ehrwürdiger Vater, bin ich ein sündiger Heuchler?« – »In der Tat«, fuhr der Prior fort, »bin ich jetzt, da ich dich sehe und spreche, beinahe überzeugt, daß du nach deiner Buße der Lüge nicht mehr fähig warst, dann aber waltet noch ein mir bis jetzt unerklärliches Geheimnis ob. Bald nach deiner Flucht aus der Residenz – der Himmel wollte den Frevel nicht, den du zu begehen im Begriff standest, er errettete die fromme Aurelie –, bald nach deiner Flucht, sage ich, und nachdem der Mönch, den selbst Cyrillus für dich hielt, wie durch ein Wunder sich gerettet hatte, wurde es bekannt, daß nicht du, sondern der als Kapuziner verkappte Graf Viktorin auf dem Schlosse des Barons gewesen

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