Ungekürztes Werk "Die Elixiere des Teufels" von E. T. A. Hoffmann (Seite 178)
glauben, daß jene Untaten so dein Inneres zerrütteten, daß du, meiner Lehren, alles dessen, was ich dir über äußere und innere Buße sagte, uneingedenk, wie der Schiffbrüchige nach dem leichten unsichern Brett, nach jenen trügerischen Mitteln, dein Verbrechen zu sühnen, haschtest, die dich nicht allein einem verworfenen Papst, sondern jedem wahrhaft frommen Mann als einen eitlen Gaukler erscheinen ließen. – Sage, Medardus, war deine Andacht, deine Erhebung zu der ewigen Macht ganz makellos, wenn du Aurelien gedenken mußtest?« – Ich schlug, im Innern vernichtet, die Augen nieder.– »Du bist aufrichtig, Medardus«, fuhr der Prior fort, »dein Schweigen sagt mir alles. – Ich wußte mit der vollsten Überzeugung, daß du es warst, der in der Residenz die Rolle eines polnischen Edelmanns spielte und die Baronesse Aurelie heiraten wollte. Ich hatte den Weg, den du genommen, ziemlich genau verfolgt, ein seltsamer Mensch – er nannte sich der Haarkünstler Belcampo –, den du zuletzt in Rom sahst, gab mir Nachrichten; ich war überzeugt, daß du auf verruchte Weise Hermogen und Euphemien mordetest, und um so gräßlicher war es mir, daß du Aurelien so in Teufelsbanden verstricken wolltest. Ich hätte dich verderben können, doch weit entfernt, mich zum Rächeramt erkoren zu glauben, überließ ich dich und dein Schicksal der ewigen Macht des Himmels. Du bist erhalten worden auf wunderbare Weise, und schon dieses überzeugt mich, daß dein irdischer Untergang noch nicht beschlossen war. – Höre, welches besonderen Umstandes halber ich später glauben mußte, daß es in der Tat Graf Viktorin war, der als Kapuziner auf dem Schlosse des Barons von F. erschien! – Nicht gar zu lange ist es her, als Bruder Sebastianus, der Pförtner, durch ein Ächzen und Stöhnen, das den Seufzern eines Sterbenden glich, geweckt wurde. Der Morgen war schon angebrochen, er stand auf, öffnete die Klosterpforte und fand einen Menschen, der dicht vor derselben, halb erstarrt vor Kälte, lag und mühsam die Worte herausbrachte, er sei Medardus, der aus unserm Kloster entflohene Mönch. – Sebastianus meldete mir ganz erschrocken, was sich unten zugetragen; ich stieg mit den Brüdern hinab, wir brachten den ohnmächtigen Mann in das Refektorium. Trotz des bis zum Grausen entstellten Gesichts des Mannes glaubten wir doch deine Züge zu erkennen, und mehrere meinten, daß wohl nur die veränderte Tracht den wohlbekannten Medardus so fremdartig darstelle. Er hatte Bart und Tonsur, dazu aber eine weltliche Kleidung, die zwar ganz verdorben und zerrissen war, der man aber noch die ursprüngliche Zierlichkeit ansah. Er trug seidene Strümpfe, auf einem Schuhe noch eine goldene Schnalle, eine weiße Atlasweste ...« – »Einen kastanienbraunen Rock von dem feinsten Tuch«, fiel ich ein, »zierlich genähte Wäsche – einen einfachen goldenen Ring am Finger.« – »Allerdings«, sprach Leonardus erstaunt, »aber wie kannst du ...« – »Ach, es war ja der Anzug, wie ich ihn an jenem verhängnisvollen Hochzeitstage trug!« – Der Doppeltgänger stand mir vor Augen. – Nein, es war nicht der wesenlose entsetzliche Teufel des Wahnsinns, der hinter mir herrannte, der, wie ein mich bis ins Innerste zerfleischendes Untier, aufhockte auf meinen Schultern; es war