Ungekürztes Werk "Die Elixiere des Teufels" von E. T. A. Hoffmann (Seite 179)

der entflohene wahnsinnige Mönch, der mich verfolgte, der endlich, als ich in tiefer Ohnmacht dalag, meine Kleider nahm und mir die Kutte überwarf. Er war es, der an der Klosterpforte lag, mich – mich selbst auf schauderhafte Weise darstellend! –

Ich bat den Prior, nur fortzufahren in seiner Erzählung, da die Ahnung der Wahrheit, wie es sich mit mir auf die wunderbarste, geheimnisvollste Weise zugetragen, in mir aufdämmere. – »Nicht lange dauerte es«, erzählte der Prior weiter, »als sich bei dem Manne die deutlichsten, unzweifelhaftesten Spuren des unheilbaren Wahnsinns zeigten, und unerachtet, wie gesagt, die Züge seines Gesichts den deinigen auf das genaueste glichen, unerachtet er fortwährend rief: ›Ich bin Medardus, der entlaufene Mönch, ich will Buße tun bei euch‹ – so war doch bald jeder von uns überzeugt, daß es fixe Idee des Fremden sei, sich für dich zu halten. Wir zogen ihm das Kleid der Kapuziner an, wir führten ihn in die Kirche, er mußte die gewöhnlichen Andachtsübungen vornehmen, und wie er dies zu tun sich bemühte, merkten wir bald, daß er niemals in einem Kloster gewesen sein könne. Es mußte mir wohl die Idee kommen: wie, wenn dies der aus der Residenz entsprungene Mönch, wie, wenn dieser Mönch Viktorin wäre? – Die Geschichte, die der Wahnsinnige ehemals dem Förster aufgetischt hatte, war mir bekanntgeworden, indessen fand ich, daß alle Umstände, das Auffinden und Austrinken des Teufelselixiers, die Vision in dem Kerker, kurz der ganze Aufenthalt im Kloster, wohl die durch deine auf seltsame psychische Weise einwirkende Individualität erzeugte Ausgeburt des erkrankten Geistes sein könne. Merkwürdig war es in dieser Hinsicht, daß der Mönch in bösen Augenblicken immer geschrien hatte, er sei Graf und gebietender Herr! – Ich beschloß, den fremden Mann der Irrenanstalt zu Sankt Getreu zu übergeben, weil ich hoffen durfte, daß, wäre Wiederherstellung möglich, sie gewiß dem Direktor jener Anstalt, einem in jede Abnormität des menschlichen Organismus tief eindringenden, genialen Arzte, gelingen werde. Des Fremden Genesen mußte das geheimnisvolle Spiel der unbekannten Mächte wenigstens zum Teil enthüllen.– Es kam nicht dazu. – In der dritten Nacht weckte mich die Glocke, die, wie du weißt, angezogen wird, sobald jemand im Krankenzimmer meines Beistandes bedarf. Ich trat hinein, man sagte mir, der Fremde habe eifrig nach mir verlangt und es scheine, als habe ihn der Wahnsinn gänzlich verlassen, wahrscheinlich wolle er beichten; denn er sei so schwach, daß er die Nacht wohl nicht überleben werde. ›Verzeiht‹, fing der Fremde an, als ich ihm mit frommen Worten zugesprochen, ›verzeiht, ehrwürdiger Herr, daß ich Euch täuschen zu wollen mich vermaß. Ich bin nicht der Mönch Medardus, der Euerm Kloster entfloh. Den Grafen Viktorin seht Ihr vor Euch ... Fürst sollte er heißen, denn aus fürstlichem Hause ist er entsprossen, und ich rate Euch, dies zu beachten, da sonst mein Zorn Euch treffen könnte.‹ – Sei er auch Fürst, erwiderte ich, so wäre dies in unsern Mauern und in seiner jetzigen Lage ohne alle Bedeutung, und es schiene mir besser zu sein, wenn er sich abwende von dem Irdischen und in

Seiten