Ungekürztes Werk "Das Schloß" von Franz Kafka (Seite 93)

willst. Aus Rücksicht auf mich unterwirfst du dich dem tyrannischen Lehrer, übernimmst du diesen kläglichen Posten, bewirbst dich mühevoll um ein Gespräch mit Klamm. Alles für mich, aber ich lohne es dir schlecht.” “Nein”, sagte K. und legte tröstend den Arm um sie. “Alles das sind Kleinigkeiten, die mir nicht weh tun, und zu Klamm will ich ja nicht nur deinetwegen. Und was hast du alles für mich getan! Ehe ich dich kannte, ging ich ja hier ganz in die Irre. Niemand nahm mich auf, und wem ich mich aufdrängte, der verabschiedete mich schnell. Und wenn ich bei jemandem Ruhe hätte finden können, so waren es Leute, vor denen wieder ich mich flüchtete, etwa die Leute des Barnabas.” – “Du flüchtetest vor ihnen? Nicht wahr? Liebster!” rief Frieda lebhaft dazwischen und versank dann nach einem zögernden “Ja” K.s wieder in ihre Müdigkeit. Aber auch K. hatte nicht mehr die Entschlossenheit, zu erklären, worin sich durch die Verbindung mit Frieda alles zum Guten für ihn gewendet hatte. Er löste langsam den Arm von ihr und saß ein Weilchen schweigend, bis dann Frieda, so, als hätte K.s Arm ihr Wärme gegeben, die sie jetzt nicht mehr entbehren könne, sagte: “Ich werde dieses Leben hier nicht ertragen. Willst du mich behalten, müssen wir auswandern, irgendwohin, nach Südfrankreich, nach Spanien.” – “Auswandern kann ich nicht”, sagte K., “ich bin hierhergekommen, um hier zu bleiben. Ich werde hierbleiben.” Und in einem Widerspruch, den er gar nicht zu erklären sich Mühe gab, fügte er wie im Selbstgespräch zu: “Was hätte mich denn in dieses öde Land locken können, als das Verlangen hierzubleiben?” Dann sagte er: “Aber auch du willst hierbleiben, es ist ja dein Land. Nur Klamm fehlt dir, und das bringt dich auf verzweifelte Gedanken.” – “Klamm sollte mir fehlen?” sagte Frieda. “Von Klamm ist hier ja eine Überfülle, zu viel Klamm; um ihm zu entgehen, will ich fort. Nicht Klamm, sondern du fehlst mir, deinetwegen will ich fort; weil ich mich an dir nicht sättigen kann, hier, wo alle an mir reißen. Würde mir doch lieber die hübsche Larve abgerissen, würde doch lieber mein Körper elend, daß ich in Frieden bei dir leben könnte.” K. hörte daraus nur eines. “Klamm ist noch immer in Verbindung mit dir?” fragte er gleich. “Er ruft dich?” – “Von Klamm weiß ich nichts”, sagte Frieda, “ich rede jetzt von anderen, zum Beispiel von den Gehilfen.” – “Ah, die Gehilfen!” sagte K. überrascht. “Sie verfolgen dich?” – “Hast du es denn nicht bemerkt?” fragte Frieda. “Nein”, sagte K. und suchte sich vergeblich an Einzelheiten zu erinnern, “zudringliche und lüsterne Jungen sind es wohl, aber daß sie sich an dich herangewagt hätten, habe ich nicht bemerkt.” – “Nicht?” sagte Frieda. “Du hast nicht bemerkt, wie sie aus unserem Zimmer im Brückenhof nicht fortzubringen waren, wie sie unsere Beziehungen eifersüchtig überwachten, wie sich einer letzthin auf meinen Platz auf den Strohsack legte, wie sie jetzt gegen dich aussagten, um dich zu vertreiben, zu verderben, um mit mir allein zu sein. Das

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