Ungekürztes Werk "Minna von Barnhelm" von Gotthold Ephraim Lessing (Seite 25)

gar zu gern mehr mit Ihm plaudern.

WERNER. Plaudert Sie gern, Frauenzimmerchen? Nun meinetwegen: geh Sie nur; ich plaudre auch gern; ich will warten.

FRANZISKA. Oh, warte Er doch ja! (Geht ab.)

Sechster Auftritt

Paul Werner.

Das ist kein unebenes Frauenzimmerchen! – Aber ich hätte ihr doch nicht versprechen sollen zu warten. – Denn das Wichtigste wäre wohl, ich suchte den Major auf. – Er will mein Geld nicht und versetzt lieber? – Daran kenn ich ihn. – Es fällt mir ein Schneller ein. – Als ich vor vierzehn Tagen in der Stadt war, besuchte ich die Rittmeisterin Marloff. Das arme Weib lag krank und jammerte, daß ihr Mann dem Major vierhundert Taler schuldig geblieben wäre, die sie nicht wüßte, wie sie sie bezahlen sollte. Heute wollte ich sie wieder besuchen – ich wollte ihr sagen, wenn ich das Geld für mein Gütchen ausgezahlt kriegte, daß ich ihr fünfhundert Taler leihen könnte. – Denn ich muß ja wohl was davon in Sicherheit bringen, wenn's in Persien nicht geht. – Aber sie war über alle Berge. Und ganz gewiß wird sie dem Major nicht haben bezahlen können. – Ja, so will ich's machen; und das je eher, je lieber. – Das Frauenzimmerchen mag mir's nicht übelnehmen, ich kann nicht warten. (Geht in Gedanken ab und stößt fast auf den Major, der ihm entgegenkömmt.)

Siebenter Auftritt

v. Tellheim. Paul Werner.

V. TELLHEIM. So in Gedanken, Werner?

WERNER. Da sind Sie ja! ich wollte eben gehen und Sie in Ihrem neuen Quartiere besuchen, Herr Major.

V. TELLHEIM. Um mir auf den Wirt des alten die Ohren vollzufluchen. Gedenke mir nicht daran.

WERNER. Das hätte ich beiher getan; ja. Aber eigentlich wollte ich mich nur bei Ihnen bedanken, daß Sie so gut gewesen und mir die hundert Louisdor aufgehoben. Just hat mir sie wiedergegeben. Es wäre mir wohl freilich lieb, wenn Sie mir sie noch länger aufheben könnten. Aber Sie sind in ein neu Quartier gezogen, das weder Sie noch ich kennen. Wer weiß, wie's da ist. Sie könnten Ihnen da gestohlen werden, und Sie müßten mir sie ersetzen; da hülfe nichts davor. Also kann ich's Ihnen freilich nicht zumuten.

V. TELLHEIM (lächelnd). Seit wenn bist du so vorsichtig, Werner?

WERNER. Es lernt sich wohl. Man kann heutezutage mit seinem Gelde nicht vorsichtig genug sein. – Darnach hatte ich noch was an Sie zu bestellen, Herr Major; von der Rittmeisterin Marloff; ich kam eben von ihr her. Ihr Mann ist Ihnen ja vierhundert Taler schuldig geblieben; hier schickt sie Ihnen auf Abschlag hundert Dukaten. Das übrige will sie künftige Woche schicken. Ich mochte wohl selber Ursache sein, daß sie die Summe nicht ganz schickt. Denn sie war mir auch ein Taler achtzig schuldig; und weil sie dachte, ich wäre gekommen, sie zu mahnen – wie's denn auch wohl wahr war –, so gab sie mir sie und gab sie mir aus dem Röllchen, das sie für Sie schon zurechtgelegt hatte. Sie können auch schon eher Ihre hundert Taler ein acht Tage noch missen als ich meine paar Groschen. – Da nehmen Sie doch!

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