Ungekürztes Werk "Mozart auf der Reise nach Prag" von Eduard Mörike (Seite 127)
Unheil, obschon der Segen nicht ganz mangelte. Als zum Exempel ging sie Sonntag nachmittag gern über einen Wiesplatz hinter ihrem Haus, eine Gespielin zu besuchen; da stieß sie sich ein wie das andere Mal an so ein kleines verwünschtes Ding von einem Stotzen, wie sie pflegen auf Bleichen im Wasen zu stecken, fiel hin, so lang sie war, hub aber sicher einen Fund vom Boden auf: nicht allemal ein Stücklein altes Heidengold, einen silbernen Knopf oder Wirtel, dergleichen oft der Maulwurf aus der Erde stößt, doch war ihr ein ehrliches Gänsei, noch warm vom Legen, gewiß. Besonder ging es ihr beim Tanz: da sah man sie zuweilen so konträre, wiewohl kunstreiche, Sprünge tun, daß alles aus der Richte kam und sie sich schämen mußte. Als ein gutes und fröhliches Blut zwar zog sie sich's nicht mehr als billig zu Gemüt und lachte immer selbst am ersten über sich, nur hieß es hinterdrein: »Schad' um die hübsche Dirne, sie wird mit einemmal ein ganzer Dapp!« Die eigne Mutter schüttelte den Kopf bedenklich, und eines Tages sagte sie, als ginge ihr ein Licht wie eine Fackel auf, zur Tochter: »Ich wette, die vertrackten Schuhe allein sind schuld! Der Alfanz* hat mir gleich nur halb gefallen; wer weiß, was für ein Rauner* sie hingestellt hat.« Das Mädchen hatte selber schon an so etwas gedacht, jedoch verstand sie sich nicht leicht dazu, sie gänzlich abzuschaffen, sie waren eben gar zu gut und dauerhaft. Indes ging sie noch jenen Tag zum Meister Bläse, sich ein Paar neue zu bestellen. Es war derselbige, bei welchem es der Seppe nicht aushalten mögen. Die Vrone sah auf dessen Stühlchen ungern einen andern sitzen; sie hatte ihn gekannt und gar wohl leiden können.
Wie nun der alte Bläse ihr das Maß am Fuß nahm, stachen ihm die fremden Schuhe alsbald in die Augen. Er nahm den einen so in seine feiste Hand, betrachtete ihn stillschweigend lang und sagte: »Da hat Sie was Apartes: darf man fragen, wo die gemacht sind?« Das Mädchen, welches bis daher von ihrem Fund noch weiter niemand hatte sagen wollen, gab scherzweis zur Antwort: »Ich hab' sie aus dem Bach gezogen!« Die fünf Gesellen lachten, der Alte aber brummte vor sich hin: »Das könnt' erst noch wahr sein.«
Am Abend in der Feierstunde sprach er zu seinem Weib und seiner Tochter Sara: »Ich will euch etwas offenbaren. Die Kiderlen hat ein Paar Glücksschuh' am Fuß; ich kenne das Wahrzeichen.« – »Ei«, meinte die Tochter aus Neid, »sie haben ihr noch keinen Haufen Geld und auch noch keinen Mann gebracht.« – »Es kann noch kommen«, versetzte der Alte. »Wohl«, sagte die Mutter, »wenn man sie ihr nur abführen könnt'! ich wollte so etwas der Sare gönnen.« Da beschlossen sie dann miteinander, der Vater solle ein Paar Schuh' wie diese machen und die Sare sie heimlich verwechseln.
Der Mann begab sich gleich den andern Morgen an die Arbeit. So häkelich sie war, dennoch, die feinen, wundersam gezackten Nähte, die rote Fütterung mit einem abgetragenen Stück Leder, alles zumal geriet so