Ungekürztes Werk "Mozart auf der Reise nach Prag" von Eduard Mörike (Seite 129)
sie die Schwänz' für Wohlsein schwenken, schlurfen, rudern und schwimmen! Ursach' ist aber, weil es diese Zeit so heiß gewesen, da bad't das Schandvolk gern.«
Dem Bläse kam es so besonder und kurzweilig vor, daß er sich einen Stuhl ans Fenster ruckte, die Arme auf den Simsen legte und das Kinn darauf. So wollte er der Sache noch eine Weile warten. Die Augen wurden ihm allgemach schwer und fielen ihm gar zu, doch fuhr er fort, zu seinem Weib zu sprechen, welches inmittelst wieder eingedoset war, unsinnige verkehrte Reden, wie einer führt im Traum und in der Trunkenheit. »Du Narr«, sprach er, »was Armbrust, Bolz und Spieß, in solchen Haufen! das würd' viel batten!… Mordsakerlot, ich wollt', das Bulver wär' erfunden allbereits! Mit drei, vier Traubenschuß*, aus einer Quartanschlang' oder Tarras, wollt' ich nicht schlecht aufräumen da unter der Bagasche!«
Jetzt aber tat es wiederum Patsch auf Patsch. Der Schuster streckte seinen Kopf hinaus und wußte nicht, woran er sei, mit allen seinen fünf Sinnen. Denn es flog nur so mit denen Tierern aus dem Kammerladen über ihm, ja unversehens fuhr ihm deren eines an den Schädel, und wie er's packt in seiner Faust, da sah es wahrlich einem schweren Bauernstiefel von seiner eignen Arbeit gleich aufs Haar! Voll Schrecken rief er seinem Weib, schrie die Gesellen aus dem Schlaf, und bis sie kamen, pflanzet' er sich selbst mit einem Prügel an die Tür der obern Bodenstiege, damit ihm der Spitzbuben keiner entkomme. Allein es ließ sich niemand sehn noch hören, und als die Gesellen erschienen, die Bühne wohl umstellten und der beherzteste von ihnen die Kammertür aufriß und keine Menschenseele zu verspüren war, fiel dem Bläse das Herz in die Hosen. Er sagte leis zu seiner Frau: »Die Sach' steht auf Saufedern*, Weib – es steckt, schätz' ich, ein anderer dahinter, der ist mir zu gewaltig!« Und nannt' ihr den Pechschwitzer. Die Schusterin, die sonst ein Maul als wie ein Scharsach* führte, war da auf einmal zahm, bebte an allen Gliedern, und so die Tochter auch. Der Bläse aber sprach zu den Gesellen: »Macht keinen Lärm! geht vor in Nachbar Lippens Hof, des Fischers, macht in der Stille ein paar Nachen los, nehmt, was ihr findet an Stangen und Netzen: wir müssen alle Ware noch vor Tag zusammenbringen, sonst hab' ich Schand' und Spott der ganzen Stadt.«
Indem sie gingen, rannte schon der Fischer über die Gasse und auf sie zu. Der hatte eben auf den See gehen wollen, etlicher Karpfen wegen, auf die Freitagsfasten, sah das wunderliche Wesen und lief, es dem Schuster zu melden. Indem sie nun zu sieben, samt dem Lipp, in zwei Schifflein verteilt, bald hier-, bald dorthin stachen, faheten und suchten, begann es von neuem zu werfen, und war es damit merklich auf ihre Köpfe abgezielt. Zwar kamen weder Schuh' noch Stiefel mehr, dafür aber Leisten, deren auch eine Last droben lag; nicht alte garstige Klötze allein, vernutzet und vom Wurm zerstochen, auch schöne neue zum Verkauf, sämtlich von gutem hartem Holz, und kamen tapfer nacheinander durch