Ungekürztes Werk "Mozart auf der Reise nach Prag" von Eduard Mörike (Seite 130)
die Luft daher. Da schrie denn einer bald in dem, bald in dem andern Schifflein: »Hopp! Schaut auf!«, und schlug doch links und rechts ein mancher Donnerkeil nicht unrecht ein.
Der Fischer sagte zu dem Bläse: »Auf solche Weis', Gevatter, möcht' ich mein Handwerk nicht das ganz Jahr treiben. In allweg aber sei's bezeugt, Ihr wisset mit dem Netz wohl umzugehn. Von heut an möget Ihr als Obermeister einer ehrsamen Stuagarter Schuhmacherzunft ganz kecklich einen Hecht so kreuzweis übern Leist in Euer Zeichen lassen malen, dem Sprichwort zum Trutz.«
Der Morgen kam schon hell herbei, als sie nach vielem Schweiß, Angst, Not und Schrecken den Weiher wieder glatt und sauber hatten. Der größte Nachen wurde voll des nassen Zeuges, auch war wieder ziemlich alles beisammen, nur da und dort fand man am Tag ein und das andre Stück noch im Röhricht versteckt.
Von dieser Geschichte erging das Gerücht natürlicherweise gar bald an die Einwohnerschaft. Die mehrsten achteten's für Satanswerk, und schwanete es dem Meister schon, daß sich ein manches scheuen werde, ihm seine Ware abzunehmen, wie sich's in Wahrheit auch nachher befand. Nach einem Scherzwort etlicher Fazvögel* aber ward von dort an lange Zeit eine besondere Gattung grober Schuhe, so hier gemacht und weit und breit versendet wurden, nicht anderst mehr verschrieben oder ausgeboten als mit dem Namen: echte, genestelte Stuttgarter Wasserratten.
Jetzt war des Meisters erste Sorge, daß das gestohlene Gut nur wieder fort aus seinem Haus und an die Eigentümerin komme. Zwar seiner Frauen war am lichten Tag der Mut wieder gewachsen; ja, meinte sie, es sollte lieber alles, Kundschaft und Haus und Hof hinfahren, nur diese Schuh' wenn sie behielten, da rindere ihnen (wie ein Sprichwort sagt) der Holzschlegel auf der Bühne*. Der Bläse aber schüttelte das Haupt: »Meinst du, Er könne uns nicht auch am Leib was schaden? Behüt' uns Gott vor Gabelstich, dreimal gibt neun Löcher!« Er drohte seinem Weib mit Schlägen, wenn sie noch etwas sage, ging unmüßig im ganzen Haus herum, von einem Fenster zum andern, und wollte fast verzwatzeln, bis es dunkel ward, wo seine Tochter die vermaledeiten Schuhe unter den Schurz nahm und forttrug.
Sie schlich sich damit an der Kiderlen Scheuer von hinten und stellte sie in eine Fensterluke, wo sie die Vrone, als sie früh in Stall ging, ihre Kuh zu futtern, auch sicherlich gefunden hätte, wenn sie vom Pechschwitzer nicht über Nacht wären wegstipitzt worden.
Indessen trug die gute Dirne das falsche Gemächt sonder Schaden, und wenn ein Tag herum war, hieß es beim Bettgehn allemal: »Jetzt aber, Mutter, glaubt Sie doch, daß es nicht Not gehabt hat selletwegen*?« Die Mutter sprach: »Beschrei* es nicht.« Auf solche Weise kam denn alles wiederum in sein Geleis, und galt die Vrone wie vordem für eine kluges, anstelliges Mädchen.
Geraume Zeit nachdem sich dieses zugetragen, saß der Bläse in seinem Weinberg draußen beim Herdweg auf der Bank am Gartenhaus, bekümmerten Gemüts, weil es die Zeit her stark hinter sich ging in seinem Geschäft. Indem er nun so in Gedanken den heurigen Herbst überschlug, was er ertragen könne, samt