Ungekürztes Werk "Mozart auf der Reise nach Prag" von Eduard Mörike (Seite 132)

erfahren, wenn es nichts aus dem Handwerk ist? Da lass' ich mich schon finden.«

Er lief zum Krämer stracks, zu holen, was er brauchte. Daheim in einer hintern Stube setzt' er sich an einen langen Tisch mit einer Halbmaß Wein, macht' allda unterschiedliches Gemeng mit seinem besten Essig an zu einem schwarzen Quatsch, knetet' und knauzet's wohl unter dem Daum, probiert's auf alle Weise, und war ihm lang nicht fein genug. Das dauerte bis an den andern Abend.

Wie nun der Hutzelmann auf die gesetzte Stunde pünktlich kam und ihm der Bläse mit Geschmunzel seinen Teig hinhielt, roch der daran und sagte: »Lieber Mann, da hätten wir halt eine neue Schuhwichs'?« – »Aufzuwarten, ja.« – »Mich will bedünken«, sprach lächelnder Miene der Kleine, »Ihr habt selbst noch weit hin, bis Ihr das Bulver find't, und habt jetzt nur viel Arbeit, Müh' und Kösten unnötigerweis gehabt mit mir. Dafür, wie auch um andrer Einbuß' willen, soll Euch indes Vergütung werden. Ich will Euch das Rezept zu meiner Fett-Glanz-Stiefelwichsen geben, die mögt Ihr schachtelweis mit gutem Vorteil verkaufen.«

Das Männlein wußte wohl, was es hiermit verhieß, denn Meister Bläse ward ein reicher Mann mit solcher Handelschaft in wenig Jahren. Seine Erben bewahren annoch das Geheimnis, und allen feinen Leuten unsrer Tage (da zwar ein mehr belobtes Pulver zeither gefunden ist) wüßt' ich fürwahr eine bessere Wichs' nicht zu nennen; obwohl ich nicht verschweigen darf, was der Pechschwitzer dazumal eben dem Bläse gar ehrlich bekannte: »Ein Ledder* wohl zu halten, nach Ledders Natur, ist das Fürnehmst der Schmer allezeit, und hat er Glanzes genug an ihm selbsten.« Welcher Ausspruch indes hier dahingestellt bleibe.

Laßt aber sehn, was seither der Gesell in Ulm für Glückssprünge mag gemacht haben.

Zween Monat – eher drunter als drüber – kann er daselbst gewesen sein, da war er mürb und gar bereits vor Liebe zu der Meisterin; und wenn er wohl bisweilen meinte, ein wenig mehr Gespräch und Fröhlichkeit stünd' ihr gut an, so dachte er doch immer gern eines alten wahrhaften Worts: Stille Schaf' seind mille-* und wollereich, wird ihnen gewartet. Alle Samstagnacht, wenn er auf seine Kammer ging, sprach er bei sich: »Jetzt morgen tragst du ihr die Heirat an«, und wenn er eben drauf und dran war, ließ er's wieder, aus Blödigkeit und Sorge, sie möchte ihn zuletzt doch stolz ablaufen lassen.

Nun hatten sie einsmals ein Schweinlein gemetzelt, das zweite, seitdem man den Lichtbraten* hatte – es war schon im Hornung und schien ein vorzeitiger Frühling zu werden –, da befand sich der Seppe am Morgen allein mit ihr in der Küche, das Fleischwerk in den Rauch zu hängen. Inmittelst als er sich die Leiter unter dem Schlot zurechtstellte, die Würste sich in Ringen um die Arme hing, erzählte er ihr von Regensburg und Regensburger Würsten, was er vom Hörensagen wußte; und wie er so mit seiner Tracht aufstieg in das Kamin, sie aber unten stand beim Herd, sprach sie: »Nach Regensburg geht Ihr doch noch; es liegt Euch allfort in Gedanken.«

Der Seppe, weil sie ihm nicht ins Gesicht sehn

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