Ungekürztes Werk "Mozart auf der Reise nach Prag" von Eduard Mörike (Seite 133)

konnte – denn oberhalb stak er im Finstern –, nahm sich ein Herz und sagte: »Wenn es auf mich ankäm', ich wollte leben und sterben bei Euch.«

»Ihr sollt auch unvertrieben sein!« gab sie zur Antwort.

»Ja«, sagte er und stockte. »Es mag halt einer doch auch nicht sein Leben lang ledig verbleiben.«

Sie sagte nichts darauf. Da fing er wieder an: »Nach einem rechten Weibe kann ein armer Teufel heutigs Tags weit suchen.«

Darauf sie ihm entgegnete: »Man sucht erst einmal in der Nähe.«

Dem Seppe schossen bei dem Wort die Flammen in die Backen, als wollten sie oben zum Schornstein ausschlagen!

Die Stangen hingen alle voll, er hätte können gehn; allein der Angstschweiß brach ihm aus, er wußte nicht, wie er am hellen Tagslicht vor die Frau hintreten noch was er weiter sagen solle. Drum nestelt' er und ruckt' und zappelte noch eifrig eine Weile an den Würsten hin und wider. Auf einmal aber sprach er: »Meisterin, ich habe je und je schon oftermals gedacht, wir wären füreinander. Ich hätte eine Lieb' zu Ihr und groß Zutrauen.«

»Davon läßt sich schon reden!« sagte sie. Nun stieg er flugs herab und stand vor ihr mit einem schwarzen Rußfleck um die Nase, darüber sie ein wenig lächelte und einen Zipfel ihrer weißen Schürze nahm und ihn abwischte. Das tat ihm ganz im Herzen wohl, er faßte ihre Hand und hatte ihren Mund geküßt, eh' sie sich des versah. Sie aber gab ihm ein Gleiches zurück. – »So seid Ihr nicht mehr meine Meisterin, Ihr seid jetzt meine Braut!« – Sie bejaht' es, und waren sie beide vergnügt, schwatzten und kosten noch lang miteinander.

Bevor er wieder in die Werkstatt ging, sagte sie noch: »Wir wollen niemand etwas merken lassen, bis Ihr das Meisterrecht habt und wir bald fürsche* machen können.«

Selbigen Abend eilte es dem Seppe nicht wie sonst nach dem Essen zum Bier. Er freute sich schon seit dem Morgen auf diese gute Stunde. Sobald die andern aus dem Haus, begab er sich auf seine Kammer, wusch und kämmte sich, legte ein sauberes Hemd und sein Sonntagswams an, zu Ehren dem Verspruch, und als er dann neben der Frau so recht in Ruh' und Frieden saß, die Läden und die Haustür zugeschlossen waren, ein frisches Licht im Leuchter angesteckt, so legt' er ihr zuvörderst die silberne Haube, seine Brautschenke, hin. Ja, da empfing er freilich Lobs und Danks mit Haufen. Wo bringt's der Fantel her? mochte sie denken, da er es nicht gekauft noch hoffentlich vom Markt gestohlen hat! Sie hätte es gar gern gewußt, doch band er sich die Zunge fest und lachte nur so.

Sie holte Wein herauf vom Keller, und er brachte den Schnitzlaib herunter. Der Leser bildet sich schon selber ein, sie werde heute schwerlich das erstemal davon gekostet haben: o nein, den Seppe kränkte nur, daß er nicht füglich alle Tage mit einem neuen Stück bei ihr ankommen konnte, indem die Meisterin schon ohnedas sich wunderte, was doch der Bursch für einen guten Döte* habe an dem Stuttgarter Hofzuckerbäcker (wie er ihr weisgemacht), dem's

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