Ungekürztes Werk "Die Räuber" von Friedrich Schiller (Seite 45)
Wer kein Hund ist, rette den Hauptmann!
Schweizer (zerreißt den Pardon und wirft die Stücke dem Pater ins Gesicht). In unsern Kugeln Pardon! Fort, Kanaille! Sag dem Senat, der dich gesandt hat, du träfst unter Moors Bande keinen einzigen Verräter an! – Rettet, rettet den Hauptmann!
Alle (lärmen). Rettet, rettet, rettet den Hauptmann!
Moor (sich losreißend, freudig). Itzt sind wir frei – Kameraden! Ich fühle eine Armee in meiner Faust. – Tod oder Freiheit! Wenigstens sollen sie keinen lebendig haben!
(Man bläst zum Angriff. Lärm und Getümmel. Sie gehen ab mit gezogenem Degen.)
Dritter Akt
Erste Szene
Amalia im Garten, spielt auf der Laute.
Schön wie Engel, voll Walhallas Wonne,
Schön vor allen Jünglingen war er,
Himmlisch mild sein Blick wie Maiensonne,
Rückgestrahlt vom blauen Spiegelmeer.
Sein Umarmen – wütendes Entzücken! –
Mächtig, feurig klopfte Herz an Herz,
Mund und Ohr gefesselt – Nacht vor unsern Blicken –
Und der Geist gewirbelt himmelwärts.
Seine Küsse – paradiesisch Fühlen! –
Wie zwo Flammen sich ergreifen, wie
Harfentöne ineinander spielen
Zu der himmelvollen Harmonie,
Stürzten, flogen, rasten Geist und Geist zusammen,
Lippen, Wangen brannten, zitterten, –
Seele rann in Seele – Erd und Himmel schwammen
Wie zerronnen um die Liebenden.
Er ist hin – Vergebens, ach! vergebens
Stöhnet ihm der bange Seufzer nach.
Er ist hin – und alle Luft des Lebens
Wimmert hin in ein verlornes Ach!
Franz tritt auf.
Franz. Schon wieder hier, eigensinnige Schwärmerin? Du hast dich vom frohen Mahle hinweggestohlen und den Gästen die Freude verdorben.
Amalia. Schade für diese unschuldige Freuden! Das Totenlied muß noch in deinen Ohren murmeln, das deinem Vater zu Grabe hallte –
Franz. Willst du dann ewig klagen? Laß die Toten schlafen und mache die Lebendigen glücklich! Ich komme –
Amalia. Und wann gehst du wieder?
Franz. O weh! kein so finsteres stolzes Gesicht! Du betrübst mich, Amalia. Ich komme, dir zu sagen –
Amalia. Ich muß wohl hören; Franz von Moor ist ja gnädiger Herr worden.
Franz. Ja recht, das war’s, worüber ich dich vernehmen wollte. – Maximilian ist schlafen gegangen in der Väter Gruft. Ich bin Herr. Aber ich möchte es vollends ganz sein, Amalia. – Du weißt, was du unserm Hause warst, du wardst gehalten wie Moors Tochter, selbst den Tod überlebte seine Liebe zu dir, das wirst du wohl niemals vergessen? –
Amalia. Niemals, niemals. Wer das auch so leichtsinnig beim frohen Mahle hinwegzechen könnte!
Franz. Die Liebe meines Vaters mußt du in seinen Söhnen belohnen, und Karl ist tot. – Staunst du? Schwindelt dir? Ja wahrhaftig, der Gedanke ist auch so schmeichelnd erhaben, daß er selbst den Stolz eines Weibes betäubt. Franz tritt die Hoffnungen der edelsten Fräuleins mit Füßen, Franz kommt und bietet einer armen, ohne ihn hilflosen Waise sein Herz, seine Hand und mit ihr all sein Gold an und all seine Schlösser und Wälder. – Franz, der Beneidete, der Gefürchtete, erklärt sich freiwillig für Amalias Sklaven –
Amalia. Warum spaltet der Blitz die ruchlose Zunge nicht, die das Frevelwort ausspricht! Du hast meinen Geliebten ermordet, und Amalia soll dich Gemahl nennen! Du –
Franz. Nicht