Ungekürztes Werk "Der Schimmelreiter" von Theodor Storm (Seite 33)

unter den Füßen‹ nennt; sein Vater hatte so um fünfzehn, er mag gut zwanzig Demath haben; aber damit ist bis jetzt hier niemand Deichgraf geworden.‹

Der Pastor tat schon den Mund auf, als wolle er etwas einwenden, da trat Elke Volkerts, die eine Weile schon im Zimmer gewesen, plötzlich zu ihnen: ›Wollen Euer Gnaden mir ein Wort erlauben?‹ sprach sie zu dem Oberbeamten; ›es ist nur, damit aus einem Irrtum nicht ein Unrecht werde!‹

›So sprecht, Jungfer Elke!‹ entgegnete dieser. ›Weisheit von hübschen Mädchenlippen hört sich allzeit gut!‹

– ›Es ist nicht Weisheit, Euer Gnaden; ich will nur die Wahrheit sagen.‹

›Auch die muß man ja hören können, Jungfer Elke!‹

Das Mädchen ließ ihre dunkeln Augen noch einmal zur Seite gehen, als ob sie wegen überflüssiger Ohren sich versichern wolle: ›Euer Gnaden‹, begann sie dann, und ihre Brust hob sich in stärkerer Bewegung, ›mein Pate, Jewe Manners, sagte Ihnen, daß Hauke Haien nur etwa zwanzig Demath im Besitz habe; das ist im Augenblick auch richtig, aber sobald es sein muß, wird Hauke noch um so viel mehr sein eigen nennen, als dieser, meines Vaters, jetzt mein Hof, an Demathzahl beträgt; für einen Deichgrafen wird das zusammen denn wohl reichen.‹

Der alte Manners reckte den weißen Kopf gegen sie, als müsse er erst sehen, wer denn eigentlich da rede: ›Was ist das?‹ sagte er; ›Kind, was sprichst du da?‹

Aber Elke zog an einem schwarzen Bändchen einen blinkenden Goldring aus ihrem Mieder: ›Ich bin verlobt, Pate Manners‹, sagte sie; ›hier ist der Ring, und Hauke Haien ist mein Bräutigam.‹

›Und wann – ich darf's wohl fragen, da ich ich dich aus der Taufe hob, Elke Volkerts – wann ist denn das passiert?‹

– ›Das war schon vor geraumer Zeit; doch war ich mündig, Pate Manners‹, sagte sie; ›mein Vater war schon hinfällig worden, und da ich ihn kannte, so wollt ich ihn nicht mehr damit beunruhigen; itzt, da er bei Gott ist, wird er einsehen, daß sein Kind bei diesem Manne wohl geborgen ist. Ich hätte es auch das Trauerjahr hindurch schon ausgeschwiegen; jetzt aber, um Haukes und um des Kooges willen, hab ich reden müssen.‹ Und zum Oberdeichgrafen gewandt, setzte sie hinzu: ›Euer Gnaden wollen mir das verzeihen!‹

Die drei Männer sahen sich an; der Pastor lachte, der alte Gevollmächtigte ließ es bei einem ›Hm, hm!‹ bewenden, während der Oberdeichgraf wie vor einer wichtigen Entscheidung sich die Stirn rieb. ›Ja, liebe Jungfer‹, sagte er endlich, ›aber wie steht es denn hier im Kooge mit den ehelichen Güterrechten? Ich muß gestehen, ich bin augenblicklich nicht recht kapitelfest in diesem Wirrsal!‹

›Das brauchen Euer Gnaden auch nicht‹, entgegnete des Deichgrafen Tochter, ›ich werde vor der Hochzeit meinem Bräutigam die Güter übertragen. Ich habe auch meinen kleinen Stolz‹, setzte sie lächelnd hinzu; ›ich will den reichsten Mann im Dorfe heiraten!‹

›Nun, Manners‹, meinte der Pastor, ›ich denke, Sie werden auch als Pate nichts dagegen haben, wenn ich den jungen Deichgrafen mit des alten Tochter zusammengebe!‹

Der Alte schüttelte leis den Kopf: ›Unser Herrgott gebe seinen Segen!‹ sagte er andächtig.

Der Oberdeichgraf aber reichte dem Mädchen seine Hand:

Seiten