Biographie Robert Walser (Seite 5)

Walser wechselt mehrmals den Wohnort und zieht 1921 schließlich nach Bern. Er lebt in bescheidensten Zimmern, in denen sich oft nicht mehr befindet als ein Bett, ein Tisch und ein Stuhl. Noch einmal schreibt er einen Roman, Der Räuber (1925), für den er jedoch keinen Verlag findet und der erst 1972 posthum veröffentlicht wird. Walser leidet an Angstzuständen und Halluzinationen, er wagt seinen Füllfederhalter nicht mehr anzufassen und entwickelt seine eigene Bleistiftmethode, bei der er große Textmengen in nur millimetergroßer Bleistiftschrift zu Papier bringt. Von seiner Nachwelt werden die Aufzeichnungen zunächst für eine verschlüsselte Geheimschrift gehalten; die endgültige Dechiffrierung wird auch am Ende des 20. Jahrhunderts noch nicht abgeschlossen sein.

Anfang 1929 begibt sich Robert Walser auf Drängen seiner Schwester und im Anschluss an einen schweren Nervenzusammenbruch in die Heilanstalt Waldau bei Bern. In einem Ärzteprotokoll heißt es: „Der Patient gibt zu, Stimmen zu hören.“ Fest steht wohl, dass Walsers seelische Verfassung zu dieser Zeit nicht sonderlich robust ist; seine Brüder Karl und Oscar gehen jedoch davon aus, dass er das Leben in Waldau schlicht dem außerhalb der Anstalt vorzieht. Walser muss sich endlich nicht mehr um seinen Lebensunterhalt bemühen und kann sich vollständig seinen Bleistiftnotizen widmen. Erst 1933, als er gegen seinen Willen in die Pflegeanstalt Herisau in seinem Heimatkanton Appenzell verlegt wird, stellt er auch diese ein. Was er bis zu seinem Tod beibehält, sind seine ausgiebigen Spaziergänge, die er ab 1936 oftmals in Begleitung des wohlhabenden Zürcher Journalisten und Walser-Bewunderers Carl Seelig unternimmt. Robert Walser stirbt am ersten Weihnachtsfeiertag 1956 bei einer Wanderung durch ein Schneefeld an einem Herzinfarkt.

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