Biographie Stefan Zweig (Seite 2)
Nach Beginn des Ersten Weltkriegs meldet sich der Schriftsteller, anfangs ergriffen von der Massenbegeisterung, freiwillig zum Militärdienst. Er wird dem Kriegsarchiv zugeteilt: ein Ort, an dem er verhältnismäßig abgeschottet vom Kriegsgeschehen ist. Die Realität wird von ihm dennoch deutlich genug erfahren, um ihm seine vormalige Begeisterung für den Krieg binnen kurzem zu nehmen. Stattdessen entwickelt er sein Vorhaben, in Zukunft für die Verständigung zwischen den europäischen Ländern und für einen nachhaltigen Frieden einzutreten. Zwar bezieht er nicht direkt politisch Stellung, da dies seiner Meinung nach nicht in den Aufgabenbereich eines Schriftstellers fällt. Er nutzt nach dem Krieg jedoch seinen internationalen Erfolg und seine Publikationsmöglichkeiten, um für Humanismus und Pazifismus zu werben. Darauf aufbauend entwickelt er seine intensive Freundschaft mit dem französischen Schriftsteller Romain Rolland.
Nach dem Krieg heiratet Zweig die geschiedene Friderike Maria von Winternitz geb. Burger, die er bereits seit 1914 kennt. Gemeinsam mit ihr und deren beiden Kindern aus erster Ehe bezieht er ein kleines Schlösschen am Kapuzinerberg am Stadtrand Salzburgs. Die Adresse wird in den Jahren nach Kriegsende von vielen namhaften Schriftstellern besucht, nicht zuletzt wegen der alljährlich stattfindenden Salzburger Festspiele. Zu den Gästen zählen unter anderem auch Thomas Mann, James Joyce und Richard Strauss. Der literarische Erfolg Zweigs wird währenddessen immer größer. Zahlreiche Novellen erscheinen, die zum Teil auch verfilmt und im Kino gezeigt werden. Außerdem veröffentlicht er weitere Übertragungen aus dem Französischen sowie seine ‚historischen Miniaturen’ Sternstunden der Menschheit, drei Essaybände über ‚Baumeister der Welt’ und Monographien über Romain Rolland und Frans Masereel. Seine Theaterstücke werden aufgeführt und 1931 übernimmt er die Nachfolge Hugo von Hofmannsthals als Librettist für Richard Strauss. Das elisabethanische Drama Ben Jonsons Die schweigsame Frau dient als Vorlage für die Oper.
Zweigs internationaler Ruhm macht ihn während der zwanziger Jahre zum meistübersetzten Schriftsteller seiner Zeit. Der Erfolg während dieser Zeit scheint seinen Kosmopolitismus und die Vorstellung von ‚geistiger Völkerverständigung’ realisierbar werden zu lassen. Zweigs Freund und Kollege Carl Zuckmayer vermerkt allerdings in seinen Memoiren auch skeptische Äußerungen. Er erinnert sich, dass der prominente Schriftsteller an seinem 50. Geburtstag in einem Münchner Restaurant meint: „Eigentlich hätte man jetzt genug vom Leben. Was jetzt noch kommen kann, ist doch nichts als Abstieg.“ In der Tat bedeutet die Zeitspanne vor dem Jahr 1932 den Höhepunkt seines schriftstellerischen Erfolgs. Die Vermutung Zweigs entspricht – angesichts der Ausbreitung des Nationalsozialismus in Europa – weitestgehend den Tatsachen; sein eigener Status soll sich binnen kurzem grundlegend ändern.