Biographie Stefan Zweig (Seite 5)
Im Gegensatz zu Stefan Zweigs bis heute bestehendem internationalem Erfolg steht eine eher stiefmütterliche Behandlung durch die Literaturwissenschaft. Diese berücksichtigt sein Werk zumeist nur im Kontext der Exilliteratur und klassifiziert ihn primär als ‚Vielschreiber’; die Qualität seiner Werke wird häufig angezweifelt. Seit seinem 125. Geburtstag gibt es dennoch zahlreiche Neuauflagen seiner Schriften und mehrere aktualisierte biographische Arbeiten. Das bewegte Leben Zweigs bleibt faszinierend, nicht zuletzt aufgrund dessen umfangreicher Dokumentation: Er hinterlässt etwa 30.000 Briefe, die seinen literarischen Erfolg, aber auch sein Scheitern am Exil bezeugen. Nachvollzogen werden kann in diesen, dass der Autor nicht nur am Zerbrechen der äußeren Welt – dem Zweiten Weltkrieg und dessen Vorgeschichte – verzweifelt, sondern ebenso an der Unhaltbarkeit einer ‚inneren Welt’. Seine Vorstellungen von einer ‚geistigen Einheit’ Europas und sein Kosmopolitismus erfüllen sich nicht; dennoch vermeidet er weitgehend, sich in der Öffentlichkeit politisch zu äußern. Diese Haltung betrachtet er selbst zeitlebens als Qualität, während seine Schriftstellerkollegen sich zunehmend kritisch äußern. Bis heute bleibt die Diskussion um die Zurückhaltung Zweigs eine Kontroverse – auch deshalb mag sein ‚kommerzieller’ Erfolg wesentlich höher ausfallen als die Anerkennung der Literaturwissenschaft.