Literaturepoche Aufklärung (Seite 3)
Ein berühmter Literaturstreit entwickelte sich zwischen Gottsched und den Schweizern Johann Jacob Bodmer und Johann Jakob Breitinger (Herausgeber der Zeitschrift Die Discourse der Mahlern), die – obwohl in ihrer Grundhaltung überzeugte Aufklärer – die Auffassung vertraten, daß das Wunderbare in der Dichtung sehr wohl zulässig sei und sich diese nicht ausschließlich nach empirischen Wahrscheinlichkeiten richten müsse.
Ebenfalls aus der Schweiz, die sich erst mit der Aufklärung als literarische Landschaft etablierte, stammte Albrecht von Haller. Dieser innerlich von religiösen Zweifeln geplagte, nach Leibniz vielleicht letzte Universalgelehrte schuf mit dem Poem Die Alpen (1733) eine Hymne auf das Leben im Einklang mit der Natur. Wenn auch im Gedankengut der Aufklärung verankert, trägt dieses Werk bereits deutlich zivilisationskritische Züge, die es als poetische Vorwegnahme der Position von J. J. Rousseau erscheinen lassen. Ein betulicheres Bild des Bürgertums gab der Züricher Salomon Geßner in seinen Idyllen (1756), die Themen seiner Zeit aus naturverbundener Perspektive in mythologischem Gewand zum Gegenstand hatten.
Überhaupt nimmt die Natur eine neue Rolle im Denken und Dichten ein, die im deutlichen Gegensatz zur jenseitsgewandten Weltbetrachtung des Barock steht. Natur gilt nun als vernünftiger Gottesbeweis, wie etwa in Barthold Heinrich Brockes' Irdisches Vergnügen in Gott (1721–1748), der zwar noch einen biblischen Gott voraussetzt, aber bereits die Entwicklung zum Deismus vorzeichnet: schließlich wird Gott nur noch als logischer Ursprung der Schöpfung, jedoch nicht mehr als darin waltendes Wesen angenommen.
Die Zuwendung zur Natur, die Bejahung des Diesseits erhielt vor allem in der sogenannten anakreontischen Dichtung Ausdruck, der hauptsächlich Friedrich von Hagedorn, Johann Peter Uz und Johann Wilhelm Ludwig Gleim zugerechnet werden. Ihre Lyrik besingt das Leben und seine Freuden, preist Wein und Geselligkeit und enthält zahlreiche erotische Anspielungen. Heiterkeit, Leichtigkeit und Eleganz zeichnen diese meist in einer idealisierten Schäferlandschaft spielenden Texte aus, die poetische Zeugnisse des Rokoko sind.