Literaturepoche Aufklärung (Seite 5)
Drei Bücher Fabeln veröffentlichte 1759 auch Gotthold Ephraim Lessing, sowie im selben Jahr eine Abhandlung vom Wesen der Fabel, in der er für Knappheit und Pointiertheit in dieser Gattung eintrat. Diese Eigenschaften kennzeichnen auf noch konzentriertere Weise das Epigramm, eine Kurzform, die seit der Antike als Mittel zur satirischen Gedankenäußerung gebraucht wurde und dem aufklärerischen Geist besonders entgegen kam. Vor allem Christian Wernicke (1660–1725), ein Vorläufer der Aufklärung und scharfer Bekämpfer des barocken Schwulstes, hinterließ ein umfangreiches epigrammatisches Werk. Lessing griff dieses Genre auf und brachte es zu einem Höhepunkt, indem er neben einer Sammlung eigener Sinngedichte 1771 auch Zerstreute Anmerkungen über das Epigramm veröffentlichte.
Lessing, der ähnlich wie Kant als großer Geist am Ende der Aufklärung deren rigiden Rationalismus teilweise überwand, war der einzige Schriftsteller, der in gleichem Maße auf literaturtheoretischem und -kritischem Gebiet sowie in der dichterischen Praxis hervorragende Bedeutung erlangte. In den Briefe[n], die neueste Literatur betreffend (1759–1765), die er stilistisch und formal prägte, setzte er sich kompromißlos mit der zeitgenössischen Literatur auseinander, wobei er vor allem die damalige Neigung zur Schwärmerei unerbittlich angriff; die Hamburgische Dramaturgie (1767–69) wurde zur grundlegenden Poetik des bürgerlichen Dramas, sie bezog nicht nur die Prinzipien der französischen Klassik ein, sondern erschloß auch den Deutschen das englische, spanische und italienische Theater.
Mindestens ebenso einflußreich waren seine Bühnenwerke: Miss Sara Sampson (1755), Minna von Barnhelm (1767), eines der wenigen deutschen Lustspiele, das bis heute Gültigkeit behalten hat, das politisch brisante und an der antiken Tragödie orientierte Trauerspiel Emilia Galotti (1772), das die Stürmer und Dränger begeisterte, und das dramatisierte philosophische Lehrgedicht Nathan der Weise (1779), ein Manifest der Toleranz, das bis in unsere Tage an Aktualität nichts eingebüßt hat.