Ungekürztes Werk "Der Stechlin" von Theodor Fontane (Seite 126)
so fänd’ ich es ohne weiteres zu stark; es muß immer ein richtiges Verhältnis da sein zwischen Mittel und Zweck. Ein Leberfleck ist gar nichts. Aber bedenken Sie, ’ne richtige Prinzessin als Sklavin in einem Harem; da muß denn doch ganz anders vorgegangen werden. Wir reden jetzt so viel von ›großen Mitteln‹. Ja meine Herren, auch hier war nur mit großen Mitteln was auszurichten.«
»Igni et ferro« bestätigte der Rektor.
»Und«, fuhr der alte Zühlen fort, »so viel wird jedem einleuchten, um den Teufel auszutreiben (als den ich diesen Nachbarfürsten und seine Tat durchaus ansehe), dazu mußte was Besonderes geschehn, etwas Beelzebubartiges. Und das war eben das Blut dieser drei Büffel. Ich find’ es nicht zuviel.«
Thormeyer hob sein Glas, um mit dem alten Zühlen anzustoßen. »Es ist genau so, wie Herr von Zühlen sagt. Und zuletzt geschah denn auch glücklicherweise das, was unsre mehr auf Schönheit gerichteten Wünsche – denn wir leben nun mal in einer Welt der Schönheit – zufriedenstellen konnte. Direkt aus der Porphyrwanne stieg die Prinzessin in die Marmorwanne, drin alle Wohlgerüche Arabiens ihre Heimstätte hatten, und alle Priester traten mit ihren Schöpfkellen aufs neue heran, und in Kaskaden ergoß es sich über die Prinzessin, und man sah ordentlich, wie die Schwermut von ihr abfiel und wie all das wieder aufblühte, was ihr der räuberische Nachbarfürst genommen. Und zuletzt schlugen die Dienerinnen ihre Herrin in schneeweiße Gewänder und führten sie bis an ein Lager und fächelten sie hier mit Pfauenwedeln, bis sie den Kopf still neigte und entschlief. Und ist nichts zurückgeblieben, und ist später die Gattin des Königs von Annam geworden. Er soll allerdings sehr aufgeklärt gewesen sein, weil Frankreich schon seit einiger Zeit in seinem Lande herrschte.«
»Hoffen wir, daß Lillis Vetter auch ein Einsehen hat.«
»Er wird, er wird.«
Darauf stieß man an, und alles brach auf. Die Wagen waren bereits vorgefahren und standen in langer Reihe zwischen dem »Prinzregenten« und dem Triangelplatz.
Auch der Stechliner Wagen hielt schon, und Martin, um sich die Zeit zu vertreiben, knipste mit der Peitsche. Dubslav suchte nach seinem Pastor und begann schon ungeduldig zu werden, als Lorenzen endlich an ihn herantrat und um Entschuldigung bat, daß er habe warten lassen. Aber der Oberförster sei schuld; der habe ihn in ein Gespräch verwickelt, das auch noch nicht beendet sei, weshalb er vorhabe, die Rückfahrt mit Katzler gemeinschaftlich zu machen.
Dubslav lachte. »Na, dann mit Gott. Aber lassen Sie sich nicht zu viel erzählen. Ermyntrud wird wohl die Hauptrolle spielen oder noch wahrscheinlicher der neuzufindende Name. Werde wohl recht behalten ... Und nun vorwärts, Martin.«
Damit ging es über das holprige Pflaster fort.
In der Stadt war schon alles still; aber draußen auf der Landstraße kam man an großen und kleinen Trupps von Häuslern, Teerschwelern und Glashüttenleuten vorüber, die sich einen guten Tag gemacht hatten und nun singend und johlend nach Hause zogen. Auch Frauensvolk war dazwischen und gab allem einen Beigeschmack.
So trabte Dubslav auf den als halber Weg geltenden Nehmitzsee zu. Nicht weit davon befand sich ein Kohlenmeiler, Dietrichsofen, und als Martin jetzt um die nach Süden