Ungekürztes Werk "Der Stechlin" von Theodor Fontane (Seite 225)

Darauf kommt es an.«

»Sie sind ein Zeichen von Ungehörigkeit und Verkehrtheit. Und ob du nun lachen magst oder nicht – denn an einem Strohhalm sieht man eben am besten, woher der Wind weht –, sie sind ein Zeichen davon, daß alle Vernunft aus der Welt ist und alle gesellschaftliche Scheidung immer mehr aufhört. Und das alles unterstützt du. Du denkst wunder, wie fest du bist; aber du bist nicht fest und kannst es auch nicht sein, denn du steckst in allerlei Schrullen und Eitelkeiten. Und wenn sie dir um den Bart gehn oder dich bei deinen Liebhabereien fassen, dann läßt du das, worauf es ankommt, ohne weiteres im Stich. Es soll jetzt viele solche geben, denen ihr Humor und ihre Rechthaberei viel wichtiger ist als Gläubigkeit und Apostolikum. Denn sie sind sich selber ihr Glaubensbekenntnis. Aber, glaube mir, dahinter steckt der Versucher, und wohin der am Ende führt, das weißt du – so viel wird dir ja wohl noch geblieben sein.«

»Ich hoffe«, sagte Dubslav.

»Und weil du bist, wie du bist, freust du dich, daß diese Zierpuppe (schon ganz wie die Karline) rote Strümpfe trägt und sich neue dazu strickt. Ich aber wiederhole dir, diese roten Strümpfe, die sind ein Zeichen, eine hochgehaltene Fahne.«

»Strümpfe werden nicht hochgehalten.«

»Noch nicht, aber das kann auch noch kommen. Und das ist dann die richtige Revolution, die Revolution in der Sitte – das was sie jetzt das ›Letzte‹ nennen. Und ich begreife dich nicht, daß du davon kein Einsehn hast, du, ein Mann von Familie, von Zugehörigkeit zu Thron und Reich. Oder der sich’s wenigstens einbildet.«

»Nun gut, nun gut.«

»Und da reist du herum, wenn sie den Torgelow oder den Katzenstein wählen wollen, und hältst deine Reden, wiewohl du eigentlich nicht reden kannst ...«

»Das is richtig. Aber ich hab’ auch keine gehalten ...«

»Und hältst deine Reden für König und Vaterland und für die alten Güter und sprichst gegen die Freiheit. Ich versteh’ dich nicht mit deinem ewigen ›gegen die Freiheit‹. Laß sie doch mit ihrer ganzen dummen Freiheit machen, was sie wollen. Was heißt Freiheit? Freiheit ist gar nichts; Freiheit ist, wenn sie sich versammeln und Bier trinken und ein Blatt gründen. Du hast bei den Kürassieren gestanden und mußt doch wissen, daß Torgelow und Katzenstein (was keinen Unterschied macht) uns nicht erschüttern werden, uns nicht und unsern Glauben nicht und Stechlin nicht und Wutz nicht. Die Globsower, solange sie bloß Globsower sind, können gar nichts erschüttern. Aber wenn erst der Buschen ihre Enkelkinder, denn die Karline wird doch wohl schon mehrere haben, ihre Knöpfstiefel und ihre roten Strümpfe tragen, als müßt’ es nur so sein, ja, Dubslav, dann ist es vorbei. Mit der Freiheit, laß mich das wiederholen, hat es nicht viel auf sich; aber die roten Strümpfe, das ist was. Und dir trau’ ich ganz und gar nicht, und der Karline natürlich erst recht nicht, wenn es auch vielleicht schon eine Weile her ist.«

»Sagen wir ›vielleicht‹.«

»Oh, ich kenne das. Du willst das wegwitzeln, das ist so deine Art. Aber unser Kloster ist nicht so aus

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