Ungekürztes Werk "Unterm Birnbaum" von Theodor Fontane (Seite 52)

fiel ein Schatten auf unseren Weg.«

Unter denen, die sich das Kreuz gleich am Tage der Errichtung angesehen hatten, waren auch Gendarm Geelhaar und Mutter Jeschke gewesen. Sie hatten denselben Heimweg und gingen nun gemeinschaftlich die Dorfstraße hinunter, Geelhaar etwas verlegen, weil er den zu seiner eigenen Würdigkeit schlecht passenden Ruf der Jeschke besser als irgendwer anders kannte. Seine Neugier überwand aber seine Verlegenheit, und so blieb er denn an der Seite der Alten und sagte:

»Hübsch is es. Un der Schmetterling so natürlich; beinah wie´n Zitronenvogel. Aber ich begreife Hradscheck nich, daß er sie so dicht an dem Turm begraben hat. Was soll sie da? Warum nicht bei den Kindern? Eine Mutter muß doch da liegen, wo die Kinder liegen.«

»Woll, woll, Geelhaar. Awers Hradscheck is klook. Un he weet ümmer, wat he deiht.«

»Gewiß weiß er das. Er ist klug. Aber gerade weil er klug ist …«

»Joa, joa.«

»Nu was denn?«

Und der sechs Fuß hohe Mann beugte sich zu der alten Hexe nieder, weil er wohl merkte, daß sie was sagen wollte.

»Was denn, Mutter Jeschke?« wiederholte er seine Frage.

»Joa, Geelhaar, wat sall ick seggen? Eccelius möt et weten. Un de hett nu ok wedder de Inschrift moakt. Awers een is, de weet ümmer noch en beten mihr.«

»Und wer is das? Line?«

»Ne, Line nich. Awers Hradscheck sülwsten. Hradscheck, de will de Kinnings und de Fru nich tosoamen hebb´n. Nich so upp enen Hümpel.

»Nun gut, gut. Aber warum nicht, Mutter Jeschke?«

»Nu, he denkt, wenn´t los geiht.«

Und nun blieb sie stehen und setzte dem halb verwundert, halb entsetzt aufhorchenden Geelhaar auseinander, daß die Hradscheck an dem Tage, »wo´s losgehe«, doch natürlich nach ihren Kindern greifen würde, vorausgesetzt, daß sie sie zur Hand habe. »Un dat wull de oll Hradscheck nich.«

»Aber, Mutter Jeschke, glaubt ihr denn an so was?«

»Joa, Geelhaar, worümm nich? Worümm sall ick an so wat nich glöwen?«

Siebzehntes Kapitel

Als das Kreuz aufgerichtet stand, es war Nachmittag geworden, kam auch Hradscheck, sonntäglich und wie zum Kirchgange gekleidet, und die Neugierigen, an denen den ganzen Tag über, auch als Geelhaar und die Jeschke längst fort waren, kein Mangel blieb, sahen, daß er den Spruch las und die Hände faltete. Das gefiel ihnen ausnehmend, am meisten aber gefiel ihnen, daß er das teure Kreuz überhaupt bestellt hatte. Denn Geld ausgeben (und noch dazu viel Geld) war das, was den Tschechinern als echten Bauern am meisten imponierte. Hradscheck verweilte wohl eine Viertelstunde, pflückte Veilchen, die neben dem Grabhügel aufsprossen, und ging dann in seine Wohnung zurück.

Als es dunkel geworden war, kam Ede mit Licht, fand aber die Tür von innen verriegelt, und als er nun auf die Straße ging, um wie gewöhnlich die Fensterladen von außen zu schließen, sah er, daß Hradscheck, eine kleine Lampe mit grünem Klappschirm vor sich, auf dem Sofa saß und den Kopf stützte. So verging der Abend. Auch am anderen Tage blieb er auf seiner Stube, nahm kaum einen Imbiß, las und schrieb und ließ das Geschäft gehen, wie´s gehen wollte.

»Hür, Jakob«, sagte Male, »dat´s joa grad, als ob se nu ihrst dod

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