Ungekürztes Werk "Faust 1" von Johann Wolfgang Goethe (Seite 11)

einem neuen Bunde?

CHOR DER WEIBER.

Mit Spezereien

Hatten wir ihn gepflegt,

Wir, seine Treuen,

Hatten ihn hingelegt;

Tücher und Binden

Reinlich umwanden wir – ­

Ach, und wir finden

Christ nicht mehr hier!

CHOR DER ENGEL.

Christ ist erstanden!

Selig der Liebende,

Der die betrübende,

Heilsam’ und übende

Prüfung bestanden!

FAUST. Was sucht ihr, mächtig und gelind,

Ihr Himmelstöne, mich am Staube?

Klingt dort umher, wo weiche Menschen sind!

Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube;

Das Wunder ist des Glaubens liebstes Kind.

Zu jenen Sphären wag ich nicht zu streben,

Woher die holde Nachricht tönt;

Und doch, an diesen Klang von Jugend auf gewöhnt,

Ruft er auch jetzt zurück mich in das Leben.

Sonst stürzte sich der Himmelsliebe Kuß

Auf mich herab in ernster Sabbatstille;

Da klang so ahnungsvoll des Glockentones Fülle,

Und ein Gebet war brünstiger Genuß;

Ein unbegreiflich-holdes Sehnen

Trieb mich, durch Wald und Wiesen hinzugehn,

Und unter tausend heißen Tränen

Fühlt ich mir eine Welt entstehn.

Dies Lied verkündete der Jugend muntre Spiele,

Der Frühlingsfeier freies Glück;

Erinnrung hält mich nun mit kindlichem Gefühle

Vom letzten, ernsten Schritt zurück.

O tönet fort, ihr süßen Himmelslieder!

Die Träne quillt, die Erde hat mich wieder!

CHOR DER JÜNGER.

Hat der Begrabene

Schon sich nach oben,

Lebend-Erhabene,

Herrlich erhoben,

Ist er in Werdelust

Schaffender Freude nah:

Ach, an der Erde Brust

Sind wir zum Leide da!

Ließ er die Seinen

Schmachtend uns hier zurück,

Ach, wir beweinen,

Meister, dein Glück!

CHOR DER ENGEL.

Christ ist erstanden

Aus der Verwesung Schoß!

Reißet von Banden

Freudig euch los!

Tätig ihn Preisenden,

Liebe Beweisenden,

Brüderlich Speisenden,

Predigend Reisenden,

Wonne Verheißenden,

Euch ist der Meister nah,

Euch ist er da!

Vor dem Tor

 

Spaziergänger aller Art ziehen hinaus.

 

EINIGE HANDWERKSBURSCHEN. Warum denn dort hinaus?

ANDRE. Wir gehn hinaus aufs Jägerhaus.

DIE ERSTEN. Wir aber wollen nach der Mühle wandern.

EIN HANDWERKSBURSCH. Ich rat euch, nach dem Wasserhof zu gehn.

ZWEITER. Der Weg dahin ist gar nicht schön.

DIE ZWEITEN. Was tust denn du?

EIN DRITTER.                                 Ich gehe mit den andern.

VIERTER. Nach Burgdorf kommt herauf: gewiß, dort findet ihr

Die schönsten Mädchen und das beste Bier,

Und Händel von der ersten Sorte!

FÜNFTER. Du überlustiger Gesell,

Juckt dich zum drittenmal das Fell?

Ich mag nicht hin, mir graut es vor dem Orte.

DIENSTMÄDCHEN. Nein! nein, ich gehe nach der Stadt zurück.

ANDRE. Wir finden ihn gewiß bei jenen Pappeln stehen.

ERSTE. Das ist für mich kein großes Glück:

Er wird an deiner Seite gehen,

Mit dir nur tanzt er auf dem Plan!

Was gehn mich deine Freuden an!

ANDRE. Heut ist er sicher nicht allein:

Der Krauskopf, sagt er, würde bei ihm sein.

SCHÜLER. Blitz, wie die wackern Dirnen schreiten!

Herr Bruder, komm! wir müssen sie begleiten.

Ein starkes Bier, ein beizender Toback;

Und eine Magd im Putz, das ist nun mein Geschmack.

BÜRGERMÄDCHEN. Da sieh mir nur die schönen Knaben!

Es ist wahrhaftig eine Schmach:

Gesellschaft könnten sie die allerbeste haben –

Und laufen diesen Mägden nach!

ZWEITER SCHÜLER zum ersten:

Nicht so geschwind! dort hinten kommen zwei:

Sie sind gar niedlich angezogen.

's ist meine Nachbarin

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