Ungekürztes Werk "Faust 1" von Johann Wolfgang Goethe (Seite 43)

align="center">Faust und Mephistopheles ab.

 

MARGARETE. Du lieber Gott! was so ein Mann

Nicht alles, alles denken kann!

Beschämt nur steh ich vor ihm da

Und sag zu allen Sachen Ja.

Bin doch ein arm, unwissend Kind,

Begreife nicht, was er an mir findt. Ab.

Wald und Höhle

 

FAUST allein.

 

FAUST. Erhabner Geist, du gabst mir, gabst mir alles,

Warum ich bat. Du hast mir nicht umsonst

Dein Angesicht im Feuer zugewendet.

Gabst mir die herrliche Natur zum Königreich,

Kraft, sie zu fühlen, zu genießen. Nicht

Kalt staunenden Besuch erlaubst du nur,

Vergönnest mir, in ihre tiefe Brust

Wie in den Busen eines Freunds zu schauen.

Du führst die Reihe der Lebendigen

Vor mir vorbei und lehrst mich meine Brüder

Im stillen Busch, in Luft und Wasser kennen.

Und wenn der Sturm im Walde braust und knarrt,

Die Riesenfichte, stürzend, Nachbaräste

Und Nachbarstämme quetschend niederstreift

Und ihrem Fall dumpf-hohl der Hügel donnert,

Dann führst du mich zur sichern Höhle, zeigst

Mich dann mir selbst, und meiner eignen Brust

Geheime, tiefe Wunder öffnen sich.

Und steigt vor meinem Blick der reine Mond

Besänftigend herüber, schweben mir

Von Felsenwänden, aus dem feuchten Busch

Der Vorwelt silberne Gestalten auf

Und lindern der Betrachtung strenge Lust.

O daß dem Menschen nichts Vollkommnes wird,

Empfind ich nun! Du gabst zu dieser Wonne,

Die mich den Göttern nah und näher bringt,

Mir den Gefährten, den ich schon nicht mehr

Entbehren kann, wenn er gleich, kalt und frech,

Mich vor mir selbst erniedrigt und zu Nichts,

Mit einem Worthauch, deine Gaben wandelt.

Er facht in meiner Brust ein wildes Feuer

Nach jenem schönen Bild geschäftig an.

So tauml ich von Begierde zu Genuß,

Und im Genuß verschmacht ich nach Begierde.

 

Mephistopheles tritt auf.

 

MEPHISTOPHELES. Habt Ihr nun bald das Leben gnug geführt?

Wie kanns Euch in die Länge freuen?

Es ist wohl gut, daß mans einmal probiert;

Dann aber wieder zu was Neuen!

FAUST. Ich wollt, du hättest mehr zu tun,

Als mich am guten Tag zu plagen.

MEPHISTOPHELES. Nun, nun! ich laß dich gerne ruhn,

Du darfst mirs nicht im Ernste sagen.

An dir Gesellen, unhold, barsch und toll,

Ist wahrlich wenig zu verlieren.

Den ganzen Tag hat man die Hände voll!

Was ihm gefällt und was man lassen soll,

Kann man dem Herrn nie an der Nase spüren.

FAUST. Das ist so just der rechte Ton!

Er will noch Dank, daß er mich ennuyiert!

MEPHISTOPHELES. Wie hättst du, armer Erdensohn,

Dein Leben ohne mich geführt?

Vom Kribskrabs der Imagination

Hab ich dich doch auf Zeiten lang kuriert,

Und wär ich nicht, so wärst du schon

Von diesem Erdball abspaziert.

Was hast du da in Höhlen, Felsenritzen

Dich wie ein Schuhu zu versitzen?

Was schlurfst aus dumpfem Moos und triefendem Gestein

Wie eine Kröte Nahrung ein?

Ein schöner, süßer Zeitvertreib!

Dir steckt der Doktor noch im Leib!

FAUST. Verstehst du, was für neue Lebenskraft

Mir dieser Wandel in der Öde schafft?

Ja, würdest du es ahnen können,

Du wärest Teufel gnug, mein Glück mir nicht zu gönnen!

MEPHISTOPHELES. Ein überirdisches Vergnügen!

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