Ungekürztes Werk "Faust 2" von Johann Wolfgang Goethe (Seite 65)

align="center">Pause.

EUPHORION. Ihr seid so viele

Leichtfüßige Rehe,

Zu neuem Spiele

Frisch aus der Nähe!

Ich bin der Jäger,

Ihr seid das Wild.

CHOR. Willst du uns fangen

Sei nicht behende!

Denn wir verlangen

Doch nur am Ende,

Dich zu umarmen,

Du schönes Bild!

EUPHORION. Nur durch die Haine!

Zu Stock und Steine!

Das leicht Errungene,

Das widert mir,

Nur das Erzwungene

Ergetzt mich schier.

HELENA UND FAUST.

Welch ein Mutwill! welch ein Rasen!

Keine Mäßigung ist zu hoffen!

Klingt es doch wie Hörnerblasen

Über Tal und Wälder dröhnend:

Welch ein Unfug! welch Geschrei!

CHOR einzeln schnell eintretend.

Uns ist er vorbeigelaufen!

Mit Verachtung uns verhöhnend,

Schleppt er von dem ganzen Haufen

Nun die Wildeste herbei.

EUPHORION ein junges Mädchen hereintragend.

Schlepp ich her die derbe Kleine

Zu erzwungenem Genusse!

Mir zur Wonne, mir zur Lust

Drück ich widerspenstige Brust,

Küß ich widerwärtigen Mund,

Tue Kraft und Willen kund.

MÄDCHEN. Laß mich los! In dieser Hülle

Ist auch Geistes Mut und Kraft;

Deinem gleich, ist unser Wille

Nicht so leicht hinweggerafft,

Glaubst du wohl mich im Gedränge?

Deinem Arm vertraust du viel!

Halte fest, und ich versenge

Dich, den Toren, mir zum Spiel.

Sie flammt auf und lodert in die Höhe.

Folge mir in leichte Lüfte,

Folge mir in starre Grüfte,

Hasche das verschwundne Ziel!

EUPHORION die letzten Flammen abschüttelnd.

Felsengedränge hier

Zwischen dem Waldgebüsch!

Was soll die Enge mir?

Bin ich doch jung und frisch!

Winde, sie sausen ja,

Wellen, sie brausen da,

Hör ich doch beides fern:

Nah wär ich gern!

Er springt immer höher felsauf.

HELENA, FAUST UND CHOR.

Wolltest du den Gemsen gleichen?

Vor dem Falle muß uns graun.

EUPHORION. Immer höher muß ich steigen,

Immer weiter muß ich schaun!

Weiß ich nun, wo ich bin:

Mitten der Insel drin,

Mitten in Pelops Land,

Erde- wie seeverwandt!

CHOR. Magst nicht in Berg und Wald

Friedlich verweilen?

Suchen wir alsobald

Reben in Zeilen,

Reben am Hügelrand,

Feigen und Apfelgold.

Ach, in dem holden Land

Bleibe du hold!

EUPHORION. Träumt ihr den Friedenstag?

Träume, wer träumen mag!

Krieg ist das Losungswort!

Sieg! und so klingt es fort.

CHOR. Wer im Frieden

Wünschet sich Krieg zurück,

Der ist geschieden

Vom Hoffnungsglück.

EUPHORION. Welche dies Land gebar

Aus Gefahr in Gefahr,

Frei, unbegrenzten Muts,

Verschwendrisch eignen Bluts,

Den nicht zu dämpfenden

Heiligen Sinn,

Alle den Kämpfenden

Bring es Gewinn!

CHOR. Seht hinauf wie hoch gestiegen!

Und erscheint uns doch nicht klein:

Wie im Harnisch, wie zum Siegen,

Wie von Erz und Stahl der Schein!

EUPHORION. Keine Wälle, keine Mauern,

Jeder nur sich selbst bewußt!

Feste Burg, um auszudauern,

Ist des Mannes ehrne Brust.

Wollt ihr unerobert wohnen,

Leicht bewaffnet rasch ins Feld!

Frauen werden Amazonen

Und ein jedes Kind ein Held.

CHOR. Heilige Poesie,

Himmelan steige sie!

Glänze, der schönste Stern,

Fern und so weiter fern!

Und sie erreicht uns doch

Immer, man hört sie noch,

Vernimmt sie gern.

EUPHORION. Nein, nicht ein Kind bin ich erschienen:

In Waffen kommt der Jüngling an!

Gesellt zu Starken, Freien, Kühnen,

Hat er im Geiste schon getan.

Nun fort!

Nun dort

Eröffnet sich zum Ruhm die Bahn.

HELENA UND FAUST. Kaum ins

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