Ungekürztes Werk "Torquato Tasso" von Johann Wolfgang Goethe (Seite 41)

ohne Sorge liegt,

Dort schickt mich hin! Dort laßt mich euer sein!

Wie will ich deine Bäume pflegen! die Zitronen

Im Herbst mit Brettern und mit Ziegeln decken

Und mit verbundnem Rohre wohl verwahren!

Es sollen schöne Blumen in den Beeten

Die breiten Wurzeln schlagen; rein und zierlich

Soll jeder Gang und jedes Fleckchen sein.

Und laßt mir auch die Sorge des Palastes!

Ich will zur rechten Zeit die Fenster öffnen,

Daß Feuchtigkeit nicht den Gemälden schade;

Die schön mit Stukkatur verzierten Wände

Will ich mit einem leichten Wedel säubern,

Es soll das Estrich blank und reinlich glänzen,

Es soll kein Stein, kein Ziegel sich verrücken,

Es soll kein Gras aus einer Ritze keimen!

Prinzessin:

Ich finde keinen Rat in meinem Busen

Und finde keinen Trost für dich und – uns.

Mein Auge blickt umher, ob nicht ein Gott

Uns Hülfe reichen möchte? möchte mir

Ein heilsam Kraut entdecken, einen Trank,

Der deinem Sinne Frieden brächte, Frieden uns.

Das treuste Wort, das von der Lippe fließt,

Das schönste Heilungsmittel, wirkt nicht mehr.

Ich muß dich lassen, und verlassen kann

Mein Herz dich nicht.

Tasso: Ihr Götter, ist sie’s doch,

Die mit dir spricht und deiner sich erbarmt!

Und konntest du das edle Herz verkennen?

War’s möglich, daß in ihrer Gegenwart

Der Kleinmut dich ergriff und dich bezwang?

Nein, nein, du bist’s! und nun ich bin es auch.

O fahre fort und laß mich jeden Trost

Aus deinem Munde hören! Deinen Rat

Entzieh mir nicht! O sprich: was soll ich tun?

Damit dein Bruder mir vergeben könne,

Damit du selbst mir gern vergeben mögest,

Damit ihr wieder zu den Euren mich

Mit Freuden zählen möget? Sag mir an!

Prinzessin:

Gar wenig ist’s, was wir von dir verlangen;

Und dennoch scheint es allzu viel zu sein.

Du sollst dich selbst uns freundlich überlassen.

Wir wollen nichts von dir, was du nicht bist,

Wenn du nur erst dir mit dir selbst gefällst.

Du machst uns Freude, wenn du Freude hast,

Und du betrübst uns nur, wenn du sie fliehst;

Und wenn du uns auch ungeduldig machst,

So ist es nur, daß wir dir helfen möchten

Und, leider! sehn, daß nicht zu helfen ist;

Wenn du nicht selbst des Freundes Hand ergreifst,

Die, sehnlich ausgereckt, dich nicht erreicht.

Tasso:

Du bist es selbst, wie du zum erstenmal,

Ein heil’ger Engel, mir entgegen kamst!

Verzeih dem trüben Blick des Sterblichen,

Wenn er auf Augenblicke dich verkannt.

Er kennt dich wieder! Ganz eröffnet sich

Die Seele, nur dich ewig zu verehren.

Es füllt sich ganz das Herz von Zärtlichkeit –

Sie ist’s, sie steht vor mir. Welch ein Gefühl!

Ist es Verirrung, was mich nach dir zieht?

Ist’s Raserei? Ist’s ein erhöhter Sinn,

Der erst die höchste, reinste Wahrheit faßt?

Ja, es ist das Gefühl, das mich allein

Auf dieser Erde glücklich machen kann,

Das mich allein so elend werden ließ,

Wenn ich ihm widerstand und aus dem Herzen

Es bannen wollte. Diese Leidenschaft

Gedacht ich zu bekämpfen, stritt und stritt

Mit meinem tiefsten Sein, zerstörte frech

Mein eignes Selbst, dem du so ganz gehörst –

Prinzessin:

Wenn ich dich, Tasso, länger hören soll,

So mäßige die Glut, die mich erschreckt.

Tasso:

Beschränkt der Rand des Bechers einen Wein,

Der schäumend wallt und brausend überschwillt?

Mit jedem Wort erhöhest du mein Glück,

Mit jedem Worte glänzt dein Auge heller.

Ich fühle mich im Innersten verändert,

Ich fühle mich von aller Not entladen,

Frei wie ein Gott, und alles dank ich dir!

Unsägliche Gewalt, die mich beherrscht,

Entfließet deinen Lippen; ja, du

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