Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 133)
pflegt, wurde aber bald innen, daß ich anstatt eines Fürsten einen Phantasten gefangen hätte, der sich überstudiert und in der Poeterei gewaltig verstiegen, denn da er bei mir ein wenig erwarmte, gab er sich vor den Gott Jupiter aus.
Ich wünschte zwar, daß ich diesen Fang nicht getan; weil ich den Narrn aber hatte, mußt ich ihn wohl behalten, bis wir von dannen rückten; und demnach mir die Zeit ohnedas ziemlich lang wurde, gedachte ich, diesen Kerl zu stimmen und mir seine Gaben zunutz zu machen, sagte derowegen zu ihm: »Nun dann mein lieber Jove, wie kommts doch, daß deine hohe Gottheit ihren himmlischen Thron verläßt und zu uns auf Erden steigt? vergebe mir, o Jupiter, meine Frage, die du vor fürwitzig halten möchtest, dann wir seind den himmlischen Göttern auch verwandt und eitel Sylvani, von den Faunis und Nymphis geboren, denen diese Heimlichkeit billich ohnverborgen sein solle.« »Ich schwöre dir beim Styx«, antwortet Jupiter, »daß du hiervon nichts erfahren solltest, wenn du meinem Mundschenken Ganymede nicht so ähnlich sähest, und wenn du schon Pans eigener Sohn wärest; aber von seinetwegen kommuniziere ich dir, daß ein groß Geschrei über der Welt Laster zu mir durch die Wolken gedrungen, darüber in aller Götter Rat beschlossen worden, ich könnte mit Billichkeit, wie zu Lykaons Zeiten, den Erdboden wieder mit Wasser austilgen; weil ich aber dem menschlichen Geschlecht mit sonderbarer Gunst gewogen bin, und ohnedas allezeit lieber die Güte, als eine strenge Verfahrung brauche, vagiere ich jetzt herum, der Menschen Tun und Lassen selbst zu erkündigen; und obwohl ich alles ärger finde, als mirs vorkommen, so bin ich doch nicht gesinnt, alle Menschen zugleich und ohne Unterscheid auszureuten, sondern nur diejenige zu strafen, die zu strafen sind, und hernach die übrige nach meinem Willen zu ziehen.«
Ich mußte zwar lachen, verbisse es doch so gut als ich konnte, und sagte: »Ach Jupiter, deine Mühe und Arbeit wird besorglich allerdings umsonst sein, wenn du nicht wieder, wie vor diesem, die Welt mit Wasser oder gar mit Feur heimsuchest; dann schickest du einen Krieg, so laufen alle böse verwegene Buben mit, welche die friedliebende fromme Menschen nur quälen werden; schickest du eine Teurung, so ists ein erwünschte Sach vor die Wucherer, weil alsdann denselben ihr Korn viel gilt; schickst du aber ein Sterben, so haben die Geizhäls und alle übrige Menschen ein gewonnen Spiel, indem sie hernach viel erben; wirst derhalben die ganze Welt mit Butzen und Stiel ausrotten müssen wenn du anders strafen wilt.«
Das 4. Kapitel
Von dem Teutschen Helden, der die ganze Welt bezwingen, und zwischen allen Völkern Fried stiften wird.
Jupiter antwortet: »Du redest von der Sach wie ein natürlicher Mensch, als ob du nicht wüßtest, daß uns Göttern müglich sei, etwas anzustellen, daß nur die Böse gestraft, und die Gute erhalten werden; ich will einen teutschen Helden erwecken, der soll alles mit der Schärfe des Schwerds vollenden; er wird alle verruchte Menschen umbringen und die fromme erhalten und erhöhen.« Ich sagte: »So muß ja ein solcher Held auch Soldaten haben, und wo man