Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 27)
Maul abschnitten, und Fähnrich wurden.
Das 17. Kapitel
Obschon im Krieg der Adel, wie billich, dem gemeinen Mann vorgezogen wird, so kommen doch viel aus verächtlichem Stand zu hohen Ehren.
Dieses verdroß einen Feldwaibel so sehr, daß er trefflich anfienge zu schmälen, aber Adelhold sagte: »Weißt du nicht, daß man je und allwegen die Kriegsämter mit adelichen Personen besetzt hat? als welche hierzu am tauglichsten sein; graue Bärt schlagen den Feind nicht, man könnte sonst ein Herd Böck zu solchem Geschäft dingen; es heißt:
Ein junger Stier wird vorgestellt
Dem Haufen als erfahren,
Den er auch hübsch beisammen hält,
Trutz dem von vielen Jahren;
Der Hirt darf ihm vertrauen auch,
Ohn Ansehn seiner Jugend,
Man judiziert nach bösen Brauch,
Aus Altertum die Tugend.
Sag mir, du alter Krachwadel, ob nicht edelgeborne Offizier von der Soldateska besser respektieret werden, als diejenige, so zuvor gemeine Knecht gewesen? und was ist vor Kriegsdisziplin zu halten, wo kein rechter Respekt ist? Darf nicht der Feldherr einem Cavallier mehr vertrauen, als einem Baurenbuben, der seinem Vatter vom Pflug entloffen, und seinen eigenen Eltern kein gut tun wollen? Ein rechtschaffener Edelmann, ehe er seinem Geschlecht durch Untreu, Feldflucht, oder sonst etwas dergleichen einen Schandflecken anhenkte, ehe würde er ehrlich sterben: Zudem gebührt dem Adel der Vorzug in allwege, wie solches leg. Honor. dig. de honor. zu sehen. Johannes de Platea will ausdrücklich, daß man in Bestallung der Ämter dem Adel den Vorzug lassen, und die Edelleut den Plebejis schlecht soll vorziehen; ja solches ist in allen Rechten bräuchlich, und wird in Heiliger Schrift bestätiget, dann Beata terra, cujus Rex nobilis est, sagt Sirach, Kap. 10, welches ein herrlich Zeugnus ist des Vorzugs, so dem Adel gebührt. Und wann schon einer von euch ein guter Soldat ist, der Pulver riechen, und in allen Begebenheiten treffliche Anschläg geben kann, so ist er darum nicht gleich tüchtig, andere zu kommandieren; dahingegen diese Tugend dem Adel angeborn, oder von Jugend auf angewehnet wird. Seneca sagt: Habet hoc proprium generosus animus, quod concitatur ad honesta, et neminem excelsi ingenii virum humilia delectant et sordida. Welches auch Faustus Poeta in diesem Disticho exprirniert hat:
Si te rusticitas vilem genuisset agrestis,
Nobilitas animi non foret ista tui.
Über das hat der Adel mehr Mittel, ihren Untergehörigen mit Geld, und den schwachen Kompagnien mit Volk zu helfen, als ein Bauer: So stünde es auch nach dem gemeinen Sprüchwort nicht fein, wann man den Bauren über den Edelmann setzte; auch würden die Bauren viel zu hoffärtig, wenn man sie also strack zu Herren machte, dann man sagt:
Es ist kein Schwerd, das schärfer schiert,
Als wenn ein Baur zum Herren wird.
Hätten die Bauren durch langhergebrachte löbliche Gewohnheit die Kriegs- und andere Ämter in Possession, wie der Adel, so würden sie gewißlich so bald keinen Edelmann einkommen lassen; zudem, ob man euch Soldaten von Fortun (wie ihr genennet werdet) schon oft gerne helfen wollte, daß ihr zu höhern Ehren erhaben würdet, so seid ihr aber alsdann gemeiniglich schon so abgelebt, wenn man euch probiert hat, und eines Bessern würdig schätzet,