Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 28)
daß man Bedenkens haben muß, euch zu befördern; dann da ist die Hitz der Jugend verloschen, und gedenket ihr nur schlechts dahin, wie ihr euren kranken Leibern, die durch viel erstandene Widerwärtigkeit ausgemergelt, und zu Kriegsdiensten wenig mehr nutz sein, gütlich tun, und wohl pflegen möget, Gott geb, wer fechte und Ehr einlege; hingegen aber ist ein junger Hund zum Jagen viel freudiger als ein alter Löw.«
Der Feldwaibel antwortet: »Welcher Narr wollte dann dienen, wenn er nicht hoffen darf, durch sein Wohlverhalten befördert, und also um seine getreue Dienst belohnt zu werden: Der Teufel hol solchen Krieg! Auf diese Weis gilts gleich, ob sich einer wohl hält oder nicht. Ich hab von unserm alten Obristen vielmals gehört, daß er keinen Soldaten unter sein Regiment begehre, der ihm nicht festiglich einbilde, durch Wohlverhalten ein General zu werden. So muß auch alle Welt bekennen, daß diejenige Nationen, so gemeinen, aber doch rechtschaffenen Soldaten forthelfen und ihre Dapferkeit bedenken, gemeiniglich victorisieren, welches man an den Persern und Türken wohl siehet. Es heißt:
Die Lampe leucht dir fein, doch mußt du sie auch laben
Mit fett Olivensaft, die Flamm sonst bald verlischt:
Getreuer Dienst durch Lohn gemehrt wird, und erfrischt;
Soldatendapferkeit will Unterhaltung haben.«
Adelhold antwortet: »Wenn man eines redlichen Manns rechtschaffene Qualitäten siehet, so wird er freilich nicht übersehen, maßen man heutigestags viel findet, welche vom Pflug, von der Nadel, von dem Schusterleist, und vom Schäferstecken zum Schwerd gegriffen, sich wohl gehalten, und durch solche ihre Dapferkeit, weit über den gemeinen Adel, in Grafen und Freiherrenstand geschwungen. Wer war der Kaiserliche Johann von Werd? wer der Schwedische Stallhans? wer der hessische Kleine Jakob und S. Andreas? Ihresgleichen sind noch viel bekannt, die ich Kürze halber nicht alle nennen mag. Ist also gegenwärtiger Zeit nichts Neues, wird auch bei der Posterität nicht abgehen, daß geringe, doch redliche Leut durch Krieg zu hohen Ehren gelangen, welches auch bei den Alten geschehen: Tamerlanes ist ein mächtiger König, und schröckliche Forcht der ganzen Welt worden, der doch zuvor nur ein Säuhirt war; Agathocles, König in Sizilien, ist eines Hafners Sohn gewesen; Telephas, ein Wagner, wurde König in Lydien; des Kaisers Valentiniani Vatter war ein Seiler; Mauritius Cappadox, ein leibeigener Knecht, ward nach Tiberio Kaiser; Johannes Zemisces kam aus der Schulen zum Kaisertum. So bezeuget Flavius Vobiscus, daß Bonosus Imperator eines armen Schulmeisters Sohn gewest seie; Hyperbolus, Chermichs Sohn, war erstlich ein Laternenmacher, und nachgehends Fürst zu Athen; Justinus, so vor Justiniano regierte, war vor seinem Kaisertum ein Säuhirt; Hugo Capetus eines Metzgers Sohn, hernach König in Frankreich; Pizarrus gleichfalls ein Schweinhirt, und hernach Markgraf in den westindianischen Ländern, welcher das Gold mit Zentnern auszuwägen hatte.«
Der Feldwaibel antwort: »Dies alles lautet zwar wohl auf meinen Schrot, indessen sehe ich aber wohl, daß uns die Türen, zu ein- und anderer Würde zu gelangen, durch den Adel verschlossen gehalten werden. Man setzt den Adel, wann er nur aus der Schalen gekrochen, gleich an solche Ort, da wir uns nimmermehr keine Gedanken hin machen dürfen, wenn wir gleich mehr getan haben als mancher Nobilist, den man