Ungekürztes Werk "Der Scheich von Alexandria und seine Sklaven" von Wilhelm Hauff (Seite 49)

mehr in eurem Städtchen, und ihr werdet dann längst erfahren haben, wes Standes und Vaterlandes mein lieber Neffe ist. Nehmet den Scherz, den ich mir mit euch erlaubte, als eine gute Lehre auf, einen Fremden, der für sich leben will, nicht in eure Gesellschaft zu nötigen. Ich selbst fühle mich zu gut, um euer ewiges Klatschen, um eure schlechten Sitten und euer lächerliches Wesen zu teilen. Darum erzog ich einen jungen Orang-Utan, den ihr als meinen Stellvertreter so liebgewonnen habt. Lebet wohl und benutzet diese Lehre nach Kräften.

Die Grünwieseler schämten sich nicht wenig vor dem ganzen Land. Ihr Trost war, daß dies alles mit unnatürlichen Dingen zugegangen sei.

Am meisten schämten sich aber die jungen Leute in Grünwiesel, weil sie die schlechten Gewohnheiten und Sitten des Affen nachgeahmt hatten. Sie stemmten von jetzt an keinen Ellbogen mehr auf, sie schaukelten nicht mit dem Sessel, sie schwiegen, bis sie gefragt wurden, sie legten die Brillen ab und waren artig und gesittet wie zuvor, und wenn je einer wieder in solche schlechte, lächerliche Sitten verfiel, so sagten die Grünwieseler: »Er ist ein Affe.«

Der Affe aber, welcher so lange die Rolle eines jungen Herrn gespielt hatte, wurde dem gelehrten Mann, der ein Naturalienkabinett besaß, überantwortet. Dieser läßt ihn in seinem Hof umhergehen, füttert ihn und zeigt ihn als Seltenheit jedem Fremden, wo er noch bis auf den heutigen Tag zu sehen ist.

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Es entstand ein Gelächter im Saal, als der Sklave geendet hatte, und auch die jungen Männer lachten mit. »Es muß doch sonderbare Leute geben unter diesen Franken; und wahrhaftig, da bin ich lieber beim Scheich und Mufti in Alexandria als in Gesellschaft des Oberpfarrers, des Bürgermeisters und ihrer törichten Frauen in Grünwiesel!«

»Du hast gewiß recht gesprochen«, erwiderte der junge Kaufmann. »In Frankistan möchte ich nicht tot sein. Die Franken sind ein rohes, wildes, barbarisches Volk, und für einen gebildeten Türken oder Perser müßte es schrecklich sein, dort zu leben.«

»Das werdet ihr bald hören«, versprach der Alte. »Soviel mir der Sklavenaufseher sagte, wird der schöne junge Mann dort vieles von Frankistan erzählen, denn er war lange dort und ist doch seiner Geburt nach ein Muselman.«

»Wie, jener, der zuletzt sitzt in der Reihe? Wahrlich, es ist eine Sünde, daß der Herr Scheich diesen losgibt; er ist der schönste Sklave im ganzen Land. Schaut nur dieses mutige Gesicht, dieses kühne Auge, diese schöne Gestalt! Er kann ihm ja leichte Geschäfte geben. Er kann ihn zum Fliegenwedler machen oder zum Pfeifenträger. Es ist ein Spaß, ein solches Amt zu versehen, und wahrlich, ein solcher Sklave ist die Zierde von einem ganzen Haus. Und erst drei Tage hat er ihn und gibt ihn weg? Es ist Torheit, es ist Sünde!«

»Tadelt ihn doch nicht, ihn, der weiser ist als ganz Ägypten!« sprach der Alte mit Nachdruck. »Sagte ich euch nicht schon, daß er ihn losläßt, weil er glaubt, den Segen Allahs dadurch zu verdienen? Ihr sagt, er ist schön und wohlgebildet, und ihr sprecht die Wahrheit! Aber der Sohn des Scheichs, den der Prophet in sein Vaterhaus zurückbringen

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