Ungekürztes Werk "Atta Troll. Ein Sommernachtstraum" von Heinrich Heine (Seite 16)

Caput XIV

Aus dem sonngen Goldgrund lachen

Violette Bergeshöhen,

Und am Abhang klebt ein Dörfchen,

Wie ein keckes Vogelnest.

Als ich dort hinaufklomm, fand ich,

Daß die Alten ausgeflogen

Und zurückgeblieben nur

Junge Brut, die noch nicht flügge.

Hübsche Bübchen, kleine Mädchen,

Fast vermummt in scharlachroten

Oder weißen wollnen Kappen;

Spielten Brautfahrt, auf dem Marktplatz.

Ließen sich im Spiel nicht stören,

Und ich sah, wie der verliebte

Mäuseprinz pathetisch kniete

Vor der Katzenkaiserstochter.

Armer Prinz! Er wird vermählt

Mit der Schönen. Mürrisch zankt sie,

Und sie beißt ihn, und sie frißt ihn;

Tote Maus, das Spiel ist aus.

Fast den ganzen Tag verweilt ich

Bei den Kindern, und wir schwatzten

Sehr vertraut. Sie wollten wissen,

Wer ich sei und was ich triebe?

Liebe Freunde, – sprach ich – Deutschland

Heißt das Land, wo ich geboren;

Bären gibt es dort in Menge,

Und ich wurde Bärenjäger.

Manchem zog ich dort das Fell

Über seine Bärenohren.

Wohl mitunter ward ich selber

Stark gezaust von Bärentatzen.

Doch mit schlechtgeleckten Tölpeln

Täglich mich herumzubalgen

In der teuren Heimat, dessen

Ward ich endlich überdrüssig.

Und ich bin hierhergekommen,

Beßres Weidwerk aufzusuchen;

Meine Kraft will ich versuchen

An dem großen Atta Troll.

Dieser ist ein edler Gegner,

Meiner würdig. Ach! in Deutschland

Hab ich manchen Kampf bestanden,

Wo ich mich des Sieges schämte. – –

Als ich Abschied nahm, da tanzten

Um mich her die kleinen Wesen

Eine Ronde, und sie sangen:

Girofflino, Girofflette!

Keck und zierlich trat zuletzt

Vor mir hin die Allerjüngste,

Knickste zweimal, dreimal, viermal,

Und sie sang mit feiner Stimme:

»Wenn der König mir begegnet,

Mach ich ihm zwei Reverenzen,

Und begegnet mir die Köngin,

Mach ich Reverenzen drei.

Aber kommt mir gar der Teufel

In den Weg mit seinen Hörnern,

Knicks ich zweimal, dreimal, viermal –

Girofflino, Girofflette!«

Girofflino, Girofflette!

Wiederholt’ das Chor, und neckend

Wirbelte um meine Beine

Sich der Ringeltanz und Singsang.

Während ich ins Tal hinabstieg,

Scholl mir nach, verhallend lieblich,

Immerfort, wie Vogelzwitschern:

Girofflino, Girofflette!

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