Ungekürztes Werk "Die Elixiere des Teufels" von E. T. A. Hoffmann (Seite 130)

wo man nur für Euer Wohl auf alle mögliche Weise sorgt. Ihr wurdet vor drei Monaten in einem sehr bedenklichen Zustande hergebracht. Ihr wart sehr krank, aber durch unsere Sorgfalt und Pflege scheint Ihr Euch auf dem Wege der Genesung zu befinden. Haben wir das Glück, Euch ganz zu heilen, so könnt Ihr ruhig Eure Straße fortwandeln, denn wie ich höre, wollt Ihr nach Rom!« – »Bin ich denn«, frug ich weiter, »in der Kleidung, die ich trage, zu Euch gekommen?« – »Freilich«, erwiderte der Arzt, »aber laßt das Fragen, beunruhigt Euch nur nicht, alles sollt Ihr erfahren, die Sorge für Eure Gesundheit ist jetzt das vornehmlichste.« Er faßte meinen Puls, der Geistliche hatte unterdessen eine Tasse herbeigebracht, die er mir darreichte. »Trinkt«, sprach der Arzt, »und sagt mir dann, wofür Ihr das Getränk haltet.« – »Es ist«, erwiderte ich, nachdem ich getrunken, »es ist eine gar kräftig zubereitete Fleischbrühe.« – Der Arzt lächelte zufrieden und rief dem Geistlichen zu: »Gut, sehr gut!« – Beide verließen mich. Nun war meine Vermutung, wie ich glaubte, richtig. Ich befand mich in einem öffentlichen Krankenhause. Man pflegte mich mit stärkenden Nahrungsmitteln und kräftiger Arznei, so daß ich nach drei Tagen imstande war, aufzustehen. Der Geistliche öffnete ein Fenster, eine warme herrliche Luft, wie ich sie nie geatmet, strömte herein, ein Garten schloß sich an das Gebäude, herrliche fremde Bäume grünten und blühten, Weinlaub rankte sich üppig an der Mauer empor, vor allem aber war mir der dunkelblaue duftige Himmel eine Erscheinung aus ferner Zauberwelt. »Wo bin ich denn?« rief ich voll Entzücken aus. »Haben mich die Heiligen gewürdigt, in einem Himmelslande zu wohnen?« Der Geistliche lächelte wohlbehaglich, indem er sprach: »Ihr seid in Italien, mein Bruder, in Italien!« – Meine Verwunderung wuchs bis zum höchsten Grade, ich drang in den Geistlichen, mir genau die Umstände meines Eintritts in dies Haus zu sagen, er wies mich an den Doktor. Der sagte mir endlich, daß vor drei Monaten mich ein wunderlicher Mensch hergebracht und gebeten habe, mich aufzunehmen; ich befände mich nämlich in einem Krankenhause, das von Barmherzigen Brüdern verwaltet werde. Sowie ich mich mehr und mehr erkräftigte, bemerkte ich, daß beide, der Arzt und der Geistliche, sich in mannigfache Gespräche mit mir einließen und mir vorzüglich Gelegenheit gaben, lange hintereinander zu erzählen. Meine ausgebreiteten Kenntnisse in den verschiedensten Fächern des Wissens gaben mir reichen Stoff dazu, und der Arzt lag mir an, manches niederzuschreiben, welches er dann in meiner Gegenwart las und sehr zufrieden schien. Doch fiel es mir oft seltsam auf, daß er, statt meine Arbeit selbst zu loben, immer nur sagte: »In der Tat ... das geht gut ... ich habe mich nicht getäuscht! ... Wunderbar ... wunderbar!« Ich durfte nun zu gewissen Stunden in den Garten hinab, wo ich manchmal grausig entstellte, totenblasse, bis zum Gerippe ausgetrocknete Menschen, von Barmherzigen Brüdern geleitet, erblickte. Einmal begegnete mir, als ich schon im Begriff stand, in das Haus zurückzukehren, ein langer, hagerer Mann, in einem seltsamen erdgelben Mantel, der wurde von zwei Geistlichen bei

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