Ungekürztes Werk "Die Elixiere des Teufels" von E. T. A. Hoffmann (Seite 132)

Name Medardus hineingenäht war, so wie mich bei genauerer Untersuchung untrügliche Kennzeichen wahrnehmen ließen, daß ich ganz unbezweifelt dieselbe Kutte trug, die ich auf der Flucht aus dem Schlosse des Barons von F. in einem hohlen Baum verborgen hatte. Schönfeld bemerkte meine innere Bewegung, er lächelte ganz seltsam; den Zeigefinger an die Nase gelegt, sich auf den Fußspitzen erhebend, schaute er mir ins Auge; ich blieb sprachlos, da fing er leise und bedächtig an: »Euer Ehrwürden wundern sich merklich über das schöne Kleid, das Ihnen angelegt worden, es scheint Ihnen überall wunderbar anzustehn und zu passen, besser als jenes nußbraune Kleid mit schnöden besponnenen Knöpfen, das mein ernsthafter vernünftiger Damon Ihnen anlegte ... Ich ... ich, der verkannte, verbannte Pietro Belcampo war es, der Eure Blöße deckte mit diesem Kleide. Bruder Medardus! Ihr wart nicht im sonderlichsten Zustande, denn als Überrock – Spenzer – englischen Frack trugt Ihr simplerweise Eure eigne Haut, und an schickliche Frisur war nicht zu denken, da Ihr, eingreifend in meine Kunst, Euern Caracalla mit dem zehnzahnichten Kamm, der Euch an die Fäuste gewachsen, selbst besorgtet.« – »Laßt die Narrheiten«, fuhr ich auf, »laßt die Narrheiten, Schönfeld ...« – »Pietro Belcampo heiße ich«, unterbrach er mich in vollem Zorne, »ja, Pietro Belcampo, hier in Italien, und du magst es nur wissen, Medardus, ich selbst, ich selbst bin die Narrheit, die ist überall hinter dir her, um deiner Vernunft beizustehen, und du magst es nun einsehen oder nicht, in der Narrheit findest du nur dein Heil, denn deine Vernunft ist ein höchst miserables Ding und kann sich nicht aufrechterhalten, sie taumelt hin und her wie ein gebrechliches Kind und muß mit der Narrheit in Kompagnie treten, die hilft ihr auf und weiß den richtigen Weg zu finden nach der Heimat – das ist das Tollhaus, da sind wir beide richtig angelangt, mein Brüderchen Medardus.« – Ich schauderte zusammen, ich dachte an die Gestalten, die ich gesehen; an den springenden Mann im erdgelben Mantel, und konnte nicht zweifeln, daß Schönfeld in seinem Wahnsinn mir die Wahrheit sagte. »Ja, mein Brüderchen Medardus«, fuhr Schönfeld mit erhobener Stimme und heftig gestikulierend fort, »ja, mein liebes Brüderchen. Die Narrheit erscheint auf Erden wie die wahre Geisterkönigin. Die Vernunft ist nur ein träger Statthalter, der sich nie darum kümmert, was außer den Grenzen des Reichs vorgeht, der nur aus Langeweile auf dem Paradeplatz die Soldaten exerzieren läßt, die können nachher keinen ordentlichen Schuß tun, wenn der Feind eindringt von außen. Aber die Narrheit, die wahre Königin des Volks, zieht ein mit Pauken und Trompeten: hussa, hussa! – Hinter ihr her Jubel – Jubel! – Die Vasallen erheben sich von den Plätzen, wo sie die Vernunft einsperrte, und wollen nicht mehr stehen, sitzen und liegen, wie der pedantische Hofmeister es will; der sieht die Nummern durch und spricht: ›Seht, die Narrheit hat mir meine besten Eleven entrückt – fortgerückt – verrückt! – ja, sie sind verrückt geworden.‹ Das ist ein Wortspiel, Brüderlein Medardus! – Ein Wortspiel ist ein glühendes Lockeneisen in der Hand

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