Ungekürztes Werk "Die Elixiere des Teufels" von E. T. A. Hoffmann (Seite 134)

ich Euch einen Zustand schildem, dessen Erinnerung Euch vielleicht zu schmerzlich sein würde. Nach vier Wochen kehrte plötzlich jener apathische Zustand wieder, der in eine vollkommene Starrsucht überging, aus der Ihr genesen erwachtet.« – Schönfeld hatte sich während dieser Erzählung des Geistlichen gesetzt und, wie in tiefes Nachdenken versunken, den Kopf in die Hand gestützt. »Ja«, fing er an, »ich weiß recht gut, daß ich zuweilen ein aberwitziger Narr bin, aber die Luft im Tollhause, vernünftigen Leuten verderblich, hat gar gut auf mich gewirkt. Ich fange an, über mich selbst zu räsonieren, und das ist kein übles Zeichen. Existiere ich überhaupt nur durch mein eignes Bewußtsein, so kommt es nur darauf an, daß dies Bewußtsein dem Bewußten die Hanswurstjacke ausziehe, und ich selbst stehe da als solider Gentleman. – O Gott! – ist aber ein genialer Friseur nicht schon an und für sich selbst ein gesetzter Hasenfuß? – Hasenfüßigkeit schützt vor allem Wahnsinn, und ich kann Euch versichern, ehrwürdiger Herr, daß ich auch bei Nordnordwest einen Kirchturm von einem Leuchtenpfahl genau zu unterscheiden vermag.« – »Ist dem wirklich so«, sprach ich, »so beweisen Sie es dadurch, daß Sie mir ruhig den Hergang der Sache erzählen, wie Sie mich fanden und wie Sie mich herbrachten.« – »Das will ich tun«, erwiderte Schönfeld, »unerachtet der geistliche Herr hier ein gar besorgliches Gesicht schneidet; erlaube aber, Bruder Medardus, daß ich dich als meinen Schützling mit dem vertraulichen Du anrede.

Der fremde Maler war den andern Morgen, nachdem du in der Nacht entflohen, auch mit seiner Gemäldesammlung auf unbegreifliche Weise verschwunden. Sosehr die Sache überhaupt anfangs Aufsehen erregt hatte, so bald war sie doch im Strome neuer Begebenheiten untergegangen. Nur als der Mord auf dem Schlosse des Barons F. bekannt wurde; als die ***schen Gerichte durch Steckbriefe den Mönch Medardus aus dem Kapuzinerkloster zu B. verfolgten, da erinnerte man sich daran, daß der Maler die ganze Geschichte im Weinhause erzählt und in dir den Bruder Medardus erkannt hatte. Der Wirt des Hotels, wo du gewohnt hattest, bestätigte die Vermutung, daß ich deiner Flucht förderlich gewesen war. Man wurde auf mich aufmerksam, man wollte mich ins Gefängnis setzen. Leicht war mir der Entschluß, dem elenden Leben, das schon längst mich zu Boden gedrückt hatte, zu entfliehen. Ich beschloß, nach Italien zu gehen, wo es Abbates und Frisuren gibt. Auf meinem Wege dahin sah ich dich in der Residenz des Fürsten von ***. Man sprach von deiner Vermählung mit Aurelien und von der Hinrichtung des Mönchs Medardus. Ich sah auch diesen Mönch.– Nun! – dem sei, wie ihm wolle, ich halte dich nun einmal für den wahren Medardus. Ich stellte mich dir in den Weg, du bemerktest mich nicht, und ich verließ die Residenz, um meine Straße weiter zu verfolgen. Nach langer Reise rüstete ich mich einst in frühster Morgendämmerung, den Wald zu durchwandern, der in düstrer Schwärze vor mir lag. Eben brachen die ersten Strahlen der Morgensonne hervor, als es in dem dicken Gebüsch rauschte und ein Mensch mit zerzaustem Kopfhaar und Bart, aber in zierlicher

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