Ungekürztes Werk "Die Elixiere des Teufels" von E. T. A. Hoffmann (Seite 133)
der Narrheit, womit sie Gedanken krümmt.« – »Noch einmal«, fiel ich dem albernen Schönfeld in die Rede, »noch einmal bitte ich Euch, das unsinnige Geschwätz zu lassen, wenn Ihr es vermöget, und mir zu sagen, wie Ihr hergekommen seid und was Ihr von mir und von dem Kleide wißt, das ich trage.« Ich hatte ihn mit diesen Worten bei den Händen gefaßt und in einen Stuhl gedrückt. Er schien sich zu besinnen, indem er die Augen niederschlug und tief Atem schöpfte. »Ich habe Ihnen«, fing er dann mit leiser, matter Stimme an, »ich habe Ihnen das Leben zum zweitenmal gerettet, ich war es ja, der Ihrer Flucht aus der Handelsstadt behilflich war, ich war es wiederum, der Sie herbrachte.« – »Aber um Gott, um der Heiligen willen, wo fanden Sie mich?« – So rief ich laut aus, indem ich ihn losließ, doch in dem Augenblick sprang er auf und schrie mit funkelnden Augen: »Ei, Bruder Medardus, hätt' ich dich nicht, klein und schwach, wie ich bin, auf meinen Schultern fortgeschleppt, du lägest mit zerschmetterten Gliedern auf dem Rade!« – Ich erbebte – wie vernichtet sank ich in den Stuhl, die Türe öffnete sich, und hastig trat der mich pflegende Geistliche herein. »Wie kommt Ihr hierher? Wer hat Euch erlaubt, dies Zimmer zu betreten?« So fuhr er auf Belcampo los, dem stürzten aber die Tränen aus den Augen, und er sprach mit flehender Stimme: »Ach, mein ehrwürdiger Herr! Nicht länger konnte ich dem Drange widerstehen, meinen Freund zu sprechen, den ich dringender Todesgefahr entrissen!« Ich ermannte mich. »Sagt mir, mein lieber Bruder«, sprach ich zu dem Geistlichen, »hat mich dieser Mann wirklich hergebracht?« – Er stockte. – »Ich weiß jetzt, wo ich mich befinde«, fuhr ich fort, »ich kann vermuten, daß ich im schrecklichsten Zustande war, den es gibt, aber Ihr merkt, daß ich vollkommen genesen, und so darf ich wohl nun alles erfahren, was man mir bis jetzt absichtlich verschweigen mochte, weil man mich für reizbar hielt.« – »So ist es in der Tat«, antwortete der Geistliche, »dieser Mann brachte Euch, es mögen ungefähr drei bis viereinhalb Monate her sein, in unsere Anstalt. Er hatte Euch, wie er erzählte, für tot in dem Walde, der vier Meilen von hier das ...sche von unserm Gebiet scheidet, gefunden und Euch für den ihm früher bekannten Kapuzinermönch Medardus aus dem Kloster zu B. erkannt, der auf einer Reise nach Rom durch den Ort kam, wo er sonst wohnte. Ihr befandet Euch in einem vollkommen apathischen Zustande. Ihr gingt, wenn man Euch führte, Ihr bliebt stehen, wenn man Euch losließ, Ihr setztet, Ihr legtet Euch nieder, wenn man Euch die Richtung gab. Speise und Trank mußte man Euch einflößen. Nur dumpfe, unverständliche Laute vermochtet Ihr auszustoßen, Euer Blick schien ohne alle Sehkraft. Belcampo verließ Euch nicht, sondern war Euer treuer Wärter. Nach vier Wochen fielt Ihr in die schrecklichste Raserei, man war genötigt, Euch in eins der dazu bestimmten abgelegenen Gemächer zu bringen. Ihr waret dem wilden Tier gleich – doch nicht näher mag