Ungekürztes Werk "Die Elixiere des Teufels" von E. T. A. Hoffmann (Seite 140)
aber auf der eigenen Brust streichend, die zur Geige geworden. – Belcampo, mit einem häßlichen Eidechsengesicht, auf einem ekelhaften geflügelten Wurm sitzend, fuhr auf mich ein, er wollte meinen Bart kämmen mit eisernem glühendem Kamm – aber es gelang ihm nicht. – Toller und toller wird das Gewirre, seltsamer, abenteuerlicher werden die Gestalten, von der kleinsten Ameise mit tanzenden Menschenfüßchen bis zum langgedehnten Roßgerippe mit funkelnden Augen, dessen Haut zur Schabracke geworden, auf der ein Reiter mit leuchtendem Eulenkopfe sitzt. – Ein bodenloser Becher ist sein Leibharnisch – ein umgestülpter Trichter sein Helm! – Der Spaß der Hölle ist emporgestiegen. Ich höre mich lachen, aber dies Lachen zerschneidet die Brust, und brennender wird der Schmerz, und heftiger bluten alle Wunden. – Die Gestalt eines Weibes leuchtet hervor, das Gesindel weicht – sie tritt auf mich zu! – Ach, es ist Aureliel »Ich lebe und bin nun ganz dein!« spricht die Gestalt. – Da wird der Frevel in mir wach. – Rasend vor wilder Begier, umschlinge ich sie mit meinen Armen. – Alle Ohnmacht ist von mir gewichen, aber da legt es sich glühend an meine Brust – rauhe Borsten zerkratzen meine Augen, und der Satan lacht gellend auf: »Nun bist du ganz mein!« –
Mit dem Schrei des Entsetzens erwache ich, und bald fließt mein Blut in Strömen von den Hieben der Stachelpeitsche, mit der ich mich in trostloser Verzweiflung züchtige. Denn selbst die Frevel des Traums, jeder sündliche Gedanke fordert doppelte Buße. – Endlich war die Zeit, die der Prior zur strengsten Buße bestimmt hatte, verstrichen, und ich stieg empor aus dem Totengewölbe, um in dem Kloster selbst, aber in abgesonderter Zelle, entfernt von den Brüdern, die nun mir auferlegten Bußübungen vorzunehmen. Dann, immer in geringern Graden der Buße, wurde mir der Eintritt in die Kirche und in den Chor der Brüder erlaubt. Doch mir selbst genügte nicht diese letzte Art der Buße, die nur in täglicher gewöhnlicher Geißelung bestehen sollte. Ich wies standhaft jede bessere Kost zurück, die man mir reichen wollte, ganze Tage lag ich ausgestreckt auf dem kalten Marmorboden vor dem Bilde der heiligen Rosalia und marterte mich in einsamer Zelle selbst auf die grausamste Weise, denn durch äußere Qualen gedachte ich die innere gräßliche Marter zu übertäuben. Es war vergebens, immer kehrten jene Gestalten, von dem Gedanken erzeugt, wieder, und dem Satan selbst war ich preisgegeben, daß er mich höhnend foltere und verlocke zur Sünde. Meine strenge Buße, die unerhörte Weise, wie ich sie vollzog, erregte die Aufmerksamkeit der Mönche. Sie betrachteten mich mit ehrfurchtsvoller Scheu, und ich hörte es sogar unter ihnen flüstern: »Das ist ein Heiliger!« Dies Wort war mir entsetzlich, denn nur zu lebhaft erinnerte es mich an jenen gräßlichen Augenblick in der Kapuzinerkirche zu B., als ich dem mich anstarrenden Maler in vermessenem Wahnsinn entgegenrief: »Ich bin der heilige Antonius!« –
Die letzte von dem Prior bestimmte Zeit der Buße war endlich auch verflossen, ohne daß ich davon abließ, mich zu martern, unerachtet meine Natur der Qual zu erliegen schien. Meine Augen waren