Ungekürztes Werk "Die Elixiere des Teufels" von E. T. A. Hoffmann (Seite 141)
erloschen, mein wunder Körper ein blutendes Gerippe, und es kam dahin, daß – war ich stundenlang am Boden gelegen – ich ohne Hilfe anderer nicht aufzustehen vermochte. Der Prior ließ mich in sein Sprechzimmer bringen. »Fühlst du, mein Bruder«, fing er an, »durch die strenge Buße dein Inneres erleichtert? Ist Trost des Himmels dir geworden?« – »Nein, ehrwürdiger Herr«, erwiderte ich in dumpfer Verzweiflung. »Indem ich dir«, fuhr der Prior mit erhöhter Stimme fort, »indem ich dir, mein Bruder, da du mir eine Reihe entsetzlicher Taten gebeichtet hattest, die strengste Buße auflegte, genügte ich den Gesetzen der Kirche, welche wollen, daß der Übeltäter, den der Arm der Gerechtigkeit nicht erreichte und der reuig dem Diener des Herrn seine Verbrechen bekannte, auch durch äußere Handlungen die Wahrheit seiner Reue kundtue. Er soll den Geist ganz dem Himmlischen zuwenden und doch das Fleisch peinigen, damit die irdische Marter jede teuflische Lust der Untaten aufwiege. Doch glaube ich, und mir stimmten berühmte Kirchenlehrer bei, daß die entsetzlichsten Qualen, die sich der Büßende zufügt, dem Gewicht seiner Sünden auch nicht ein Quentlein entnehmen, sobald er darauf seine Zuversicht stützt und der Gnade des Ewigen deshalb sich würdig dünkt. Keiner menschlichen Vernunft erforschlich ist es, wie der Ewige unsere Taten mißt, verloren ist der, der, ist er auch von wirklichem Frevel rein, vermessen glaubt, den Himmel zu erstürmen durch äußeres Frommtun, und der Büßende, welcher nach der Bußübung seinen Frevel vertilgt glaubt, beweist, daß seine innere Reue nicht wahrhaft ist. Du, lieber Bruder Medardus, empfindest noch keine Tröstung, das beweiset die Wahrhaftigkeit deiner Reue, unterlasse jetzt, ich will es, alle Geißelungen, nimm bessere Speise zu dir und fliehe nicht mehr den Umgang der Brüder. – Wisse, daß dein geheimnisvolles Leben mir in allen seinen wunderbarsten Verschlingungen besser bekanntgeworden als dir selbst. – Ein Verhängnis, dem du nicht entrinnen konntest, gab dem Satan Macht über dich, und indem du freveltest, warst du nur sein Werkzeug. Wähne aber nicht, daß du deshalb weniger sündig vor den Augen des Herrn erschienest, denn dir war die Kraft gegeben, im rüstigen Kampf den Satan zu bezwingen. In wessen Menschen Herz stürmt nicht der Böse und widerstrebt dem Guten; aber ohne diesen Kampf gäb' es keine Tugend, denn diese ist nur der Sieg des guten Prinzips über das Böse, so wie aus dem umgekehrten die Sünde entspringt. – Wisse fürs erste, daß du dich eines Verbrechens anklagst, welches du nur im Willen vollbrachtest. – Aurelie lebt, in wildem Wahnsinn verletztest du dich selbst, das Blut deiner eigenen Wunde war es, das über deine Hand floß ... Aurelie lebt, ich weiß es.« Ich stürzte auf die Knie, ich hob meine Hände betend empor, tiefe Seufzer entflohen der Brust, Tränen quollen aus den Augen! – »Wisse ferner«, fuhr der Prior fort, »daß jener alte fremde Maler, von dem du in der Beichte gesprochen, schon so lange, als ich denken kann, zuweilen unser Kloster besucht hat und vielleicht bald wieder eintreffen wird. Er hat ein Buch mir in Verwahrung gegeben, welches verschiedene Zeichnungen, vorzüglich