Ungekürztes Werk "Die Elixiere des Teufels" von E. T. A. Hoffmann (Seite 139)

die Fürsprache der Heiligen, fasse Vertrauen – du sollst bei mir beichten, und es wird dir, wenn du büßest, Trost der Kirche werden!« In dem Augenblick schien es mir, als sei der Prior jener alte Pilger aus der heiligen Linde, und nur der sei das einzige Wesen auf der ganzen weiten Erde, dem ich mein Leben voller Sünde und Frevel offenbaren müsse. Noch war ich keines Wortes mächtig, ich warf mich vor dem Greise nieder in den Staub. »Ich gehe in die Kapelle des Klosters«, sprach er mit feierlichem Ton und schritt von dannen. – Ich war gefaßt – ich eilte ihm nach, er saß im Beichtstuhl, und ich tat augenblicklich, wozu mich der Geist unwiderstehlich trieb; ich beichtete alles – alles! –

Schrecklich war die Buße, die mir der Prior auflegte. Verstoßen von der Kirche, wie ein Aussätziger verbannt aus den Versammlungen der Brüder, lag ich in den Totengewölben des Klosters, mein Leben kärglich fristend durch unschmackhafte, in Wasser gekochte Kräuter, mich geißelnd und peinigend mit Marterinstrumenten, die die sinnreichste Grausamkeit erfunden, und meine Stimme erhebend nur zur eigenen Anklage, zum zerknirschten Gebet um Rettung aus der Hölle, deren Flammen schon in mir loderten. Aber wenn das Blut aus hundert Wunden rann, wenn der Schmerz in hundert giftigen Skorpionstichen brannte und dann endlich die Natur erlag, bis der Schlaf sie wie ein ohnmächtiges Kind schützend mit seinen Armen umfing, dann stiegen feindliche Traumbilder empor, die mir neue Todesmarter bereiteten. – Mein ganzes Leben gestaltete sich auf entsetzliche Weise. Ich sah Euphemien, wie sie in üppiger Schönheit mir nahte, aber laut schrie ich auf: »Was willst du von mir, Verruchte! Nein, die Hölle hat keinen Teil an mir.« Da schlug sie ihr Gewand auseinander, und die Schauer der Verdammnis ergriffen mich. Zum Gerippe eingedorrt war ihr Leib, aber in dem Gerippe wanden sich unzählige Schlangen durcheinander und streckten ihre Häupter, ihre rotglühenden Zungen mir entgegen. »Laß ab von mir! ... Deine Schlangen stechen hinein in die wunde Brust ... sie wollen sich mästen von meinem Herzblut ... aber dann sterbe ich ... dann sterbe ich ... Der Tod entreißt mich deiner Rache.« So schrie ich auf, da heulte die Gestalt: – »Meine Schlangen können sich nähren von deinem Herzblut ... aber das fühlst du nicht, denn das ist nicht deine Qual – deine Qual ist in dir und tötet dich nicht, denn du lebst in ihr. Deine Qual ist der Gedanke des Frevels, und der ist ewig!« – Der blutende Hermogen stieg auf, aber vor ihm floh Euphemie, und er rauschte vorüber, auf die Halswunde deutend, die die Gestalt des Kreuzes hatte. Ich wollte beten, da begann ein sinnverwirrendes Flüstern und Rauschen. Menschen, die ich sonst gesehen, erschienen zu tollen Fratzen verunstaltet: – Köpfe krochen mit Heuschreckenbeinen, die ihnen an die Ohren gewachsen, umher und lachten mich hämisch an – seltsames Geflügel – Raben mit Menschengesichtern rauschten in der Luft.– Ich erkannte den Konzertmeister aus B. mit seiner Schwester, die drehte sich in wildem Walzer, und der Bruder spielte dazu auf,

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