Ungekürztes Werk "Die Elixiere des Teufels" von E. T. A. Hoffmann (Seite 157)
Seele goß, der Mutter verkündet, und es mag wohl die Prophezeiung der Gnade sein, die mich mit wundervoller Klarheit erleuchtet, so daß ich in meinem Innern das lebendige Bild der Zukunft zu erschauen vermeine.
Ich sehe den Jüngling den Todeskampf streiten mit der finstern Macht, die auf ihn eindringt mit furchtbarer Waffe! – Er fällt, doch ein göttlich Weib erhebt über sein Haupt die Siegeskrone! – Es ist die heilige Rosalia selbst, die ihn errettet! – Sooft es mir die ewige Macht des Himmels vergönnt, will ich dem Knaben, dem Jünglinge, dem Manne nahe sein und ihn schützen, wie es die mir verliehene Kraft vermag. – Er wird sein wie ...
Anmerkung des Herausgebers
Hier wird, günstiger Leser! die halb erloschene Schrift des alten Malers so undeutlich, daß weiter etwas zu entziffern ganz unmöglich ist. Wir kehren zu dem Manuskript des merkwürdigen Kapuziners Medardus zurück.
Dritter Abschnitt
DIE RÜCKKEHR IN DAS KLOSTER
Es war so weit gekommen, daß überall, wo ich mich in den Straßen von Rom blicken ließ, einzelne aus dem Volk stillstanden und in gebeugter, demütiger Stellung um meinen Segen baten. Mocht' es sein, daß meine strengen Bußübungen, die ich fortsetzte, schon Aufsehen erregten, aber gewiß war es, daß meine fremdartige, wunderliche Erscheinung den lebhaften, fantastischen Römern bald zu einer Legende werden mußte und daß sie mich vielleicht, ohne daß ich es ahnte, zu dem Helden irgendeines frommen Märchens erhoben hatten. Oft weckten mich bange Seufzer und das Gemurmel leiser Gebete aus tiefer Betrachtung, in die ich, auf den Stufen des Altars liegend, versunken, und ich bemerkte dann, wie rings um mich her Andächtige knieten und meine Fürbitte zu erflehen schienen. So wie in jenem Kapuzinerkloster hörte ich hinter mir rufen: il Santo! – und schmerzhafte Dolchstiche fuhren durch meine Brust. Ich wollte Rom verlassen, doch wie erschrak ich, als der Prior des Klosters, in dem ich mich aufhielt, mir ankündigte, daß der Papst mich hätte zu sich gebieten lassen. Düstere Ahnungen stiegen in mir auf, daß vielleicht aufs neue die böse Macht in feindlichen Verkettungen mich festzubannen trachte, indessen faßte ich Mut und ging zur bestimmten Stunde nach dem Vatikan. Der Papst, ein wohlgebildeter Mann, noch in den Jahren der vollen Kraft, empfing mich, auf einem reich verzierten Lehnstuhl sitzend. Zwei wunderschöne, geistlich gekleidete Knaben bedienten ihn mit Eiswasser und durchfächelten das Zimmer mit Reiherbüschen, um, da der Tag überheiß war, die Kühle zu erhalten. Demütig trat ich auf ihn zu und machte die gewöhnliche Kniebeugung. Er sah mich scharf an, der Blick hatte aber etwas Gutmütiges, und statt des strengen Ernstes, der sonst, wie ich aus der Ferne wahrzunehmen geglaubt, auf seinem Gesicht ruhte, ging ein sanftes Lächeln durch alle Züge. Er frug, woher ich käme, was mich nach Rom gebracht – kurz das Gewöhnlichste über meine persönlichen Verhältnisse, und stand dann auf, indem er sprach: »Ich ließ Euch rufen, weil man mir von Eurer seltenen Frömmigkeit erzählt. – Warum, Mönch Medardus, treibst du deine Andachtsübungen öffentlich vor dem Volk in den besuchtesten Kirchen? – Gedenkst du zu erscheinen