Ungekürztes Werk "Die Elixiere des Teufels" von E. T. A. Hoffmann (Seite 159)
Riesen, der jenes blinde Tier, das in uns wütet, zu bändigen und in Fesseln zu schlagen vermag. Bewußtsein heißt dieser Riese, aus dessen Kampf mit dem Tier sich die Spontaneität erzeugt. Des Riesen Sieg ist die Tugend, der Sieg des Tieres die Sünde.« Der Papst schwieg einige Augenblicke, dann heiterte sein Blick sich auf, und er sprach mit sanfter Stimme: »Glaubt Ihr, Mönch Medardus, daß es für den Statthalter des Herrn schicklich sei, mit Euch über Tugend und Sünde zu vernünfteln?« – »Ihr habt, hochheiliger Herr«, erwiderte ich, »Euern Diener gewürdigt, Eure tiefe Ansicht des menschlichen Seins zu vernehmen, und wohl mag es Euch ziemen, über den Kampf zu sprechen, den Ihr längst, herrlich und glorreich siegend, geendet.« – »Du hast eine gute Meinung von mir, Bruder Medardus«, sprach der Papst, »oder glaubst du, daß die Tiara der Lorbeer sei, der mich als Helden und Sieger der Welt verkündet?« – »Es ist«, sprach ich, »wohl etwas Großes, König sein und herrschen über ein Volk. So im Leben hochgestellt, mag alles ringsumher näher zusammengerückt, in jedem Verhältnis kommensurabler erscheinen und eben durch die hohe Stellung sich die wunderbare Kraft des Überschauens entwickeln, die wie eine höhere Weihe sich kundtut im gebornen Fürsten.« – »Du meinst«, fiel der Papst ein, »daß selbst den Fürsten, die schwach an Verstande und Willen, doch eine gewisse wunderliche Sagazität beiwohne, die füglich für Weisheit geltend, der Menge zu imponieren vermag. Aber wie gehört das hierher?« – »Ich wollte«, fuhr ich fort, »von der Weihe der Fürsten reden, deren Reich von dieser Welt ist, und dann von der heiligen, göttlichen Weihe des Statthalters des Herrn. Auf geheimnisvolle Weise erleuchtet der Geist des Herrn die im Konklave verschlossenen hohen Priester. Getrennt, in einzelnen Gemächern frommer Betrachtung hingegeben, befruchtet der Strahl des Himmels das nach der Offenbarung sich sehnende Gemüt, und ein Name erschallt wie ein die ewige Macht lobpreisender Hymnus von den begeisterten Lippen. – Nur kundgetan in irdischer Sprache wird der Beschluß der ewigen Macht, die sich ihren würdigen Statthalter auf Erden erkor, und so, hochheiliger Herr, ist Eure Krone, im dreifachen Ringe das Mysterium Eures Herrn, des Herrn der Welten, verkündend, in der Tat der Lorbeer, der Euch als Helden und Sieger darstellt. – Nicht von dieser Welt ist Euer Reich, und doch seid Ihr berufen zu herrschen über alle Reiche dieser Erde, die Glieder der unsichtbaren Kirche sammelnd unter der Fahne des Herrn! – Das weltliche Reich, das Euch beschieden, ist nur Euer in himmlischer Pracht blühender Thron.« – »Das gibst du zu«, unterbrach mich der Papst, – »das gibst du zu, Bruder Medardus, daß ich Ursache habe, mit diesem mir beschiedenen Thron zufrieden zu sein. Wohl ist meine blühende Roma geschmückt mit himmlischer Pracht, das wirst du auch wohl fühlen, Bruder Medardus, hast du deinen Blick nicht ganz dem Irdischen verschlossen ... Doch das glaub' ich nicht ... Du bist ein wackrer Redner und hast mir zum Sinn gesprochen ... Wir werden uns, merk' ich, näher verständigen! ... Bleibe hier! ... In einigen Tagen