Ungekürztes Werk "Die Elixiere des Teufels" von E. T. A. Hoffmann (Seite 165)
dumpfe Tritte, die näher und näher kamen, die Schlüssel rasselten im Schloß der Türe. Cyrillus raffte sich mit Gewalt empor, erfaßte meine Hand und rief mir ins Ohr: »Kehre in unser Kloster zurück! – Leonardus ist von allem unterrichtet, er weiß, wie ich sterbe – beschwöre ihn, über meinen Tod zu schweigen. – Wie bald hätte mich ermatteten Greis auch sonst der Tod ereilt! – Lebe wohl, mein Bruder! – Bete für das Heil meiner Seele! – Ich werde bei euch sein, wenn ihr im Kloster mein Totenamt haltet. Gelobe mir, daß du hier über alles, was du erfahren, schweigen willst, denn du führst nur dein Verderben herbei und verwickelst unser Kloster in tausend schlimme Händel!« –
Ich tat es, Vermummte waren hereingetreten, sie hoben den Greis aus dem Bette und schleppten ihn, der vor Mattigkeit nicht fortzuschreiten vermochte, durch den Gang nach dem Gewölbe, in dem ich früher gewesen. Auf den Wink der Vermummten war ich gefolgt, die Dominikaner hatten einen Kreis geschlossen, in den man den Greis brachte und auf ein Häufchen Erde, das man in der Mitte aufgeschüttet, niederknien hieß. Man hatte ihm ein Kruzifix in die Hand gegeben. Ich war, weil ich es für meines Amts hielt, mit in den Kreis getreten und betete laut. Ein Dominikaner ergriff mich beim Arm und zog mich beiseite. In dem Augenblick sah ich in der Hand eines Vermummten, der hinterwärts in den Kreis getreten, ein Schwert blitzen, und Cyrillus' blutiges Haupt rollte zu meinen Füßen hin. –
Ich sank bewußtlos nieder. Als ich wieder zu mir selbst kam, befand ich mich in einem kleinen zellenartigen Zimmer. Ein Dominikaner trat auf mich zu und sprach mit hämischem Lächeln: »Ihr seid wohl recht erschrocken, mein Bruder, und solltet doch billig Euch erfreuen, da Ihr mit eigenen Augen ein schönes Martyrium angeschaut habt. So muß man ja wohl es nennen, wenn ein Bruder aus Euerm Kloster den verdienten Tod empfängt, denn Ihr seid wohl alle samt und sonders Heilige?« – »Nicht Heilige sind wir«, sprach ich, »aber in unserm Kloster wurde noch nie ein Unschuldiger ermordet! – Entlaßt mich! Ich habe mein Amt vollbracht mit Freudigkeit! – Der Geist der Verklärten wird mir nahe sein, wenn ich fallen sollte in die Hände verruchter Mörder!« – »Ich zweifle gar nicht«, sprach der Dominikaner, »daß der selige Bruder Cyrillus in dergleichen Fällen beizustehen imstande sein wird, wollet aber doch, lieber Bruder, seine Hinrichtung nicht etwa einen Mord nennen! – Schwer hatte sich Cyrillus versündigt an dem Statthalter des Herrn, und dieser selbst war es, der seinen Tod befahl. – Doch er muß Euch ja wohl alles gebeichtet haben; unnütz ist es daher, mit Euch darüber zu sprechen, nehmt lieber dieses zur Stärkung und Erfrischung, Ihr seht ganz blaß und verstört aus.« Mit diesen Worten reichte mir der Dominikaner einen kristallenen Pokal, in dem ein dunkelroter, stark duftender Wein schäumte. Ich weiß nicht, welche Ahnung mich durchblitzte, als ich den Pokal an den Mund brachte. – Doch war es gewiß, daß ich denselben Wein roch, den mir