Ungekürztes Werk "Minna von Barnhelm" von Gotthold Ephraim Lessing (Seite 3)

Just, Herr Just –

JUST. Mache Er Herr Justen den Kopf nicht warm, oder –

DER WIRT. Ich macht' ihn warm? der Danziger tut's! –

JUST. Einen Offizier wie meinen Herrn! Oder meint Er, daß ein abgedankter Offizier nicht auch ein Offizier ist, der Ihm den Hals brechen kann? Warum waret ihr im Kriege so geschmeidig, ihr Herren Wirte? Warum war denn da jeder Offizier ein würdiger Mann und jeder Soldat ein ehrlicher, braver Kerl? Macht euch das bißchen Friede schon so übermütig?

DER WIRT. Was ereifert Er sich nun, Herr Just? –

JUST. Ich will mich ereifern. – –

Dritter Auftritt

v. Tellheim. Der Wirt. Just.

V. TELLHEIM (im Hereintreten). Just!

Just (in der Meinung, daß ihn der Wirt nenne). Just? So bekannt sind wir? –

v. Tellheim. Just!

JUST. Ich dächte, ich wäre wohl Herr Just für Ihn!

DER WIRT (der den Major gewahr wird). St! st! Herr, Herr, Herr Just – seh Er sich doch um; Sein Herr – –

V. TELLHEIM. Just, ich glaube, du zankst? Was habe ich dir befohlen?

DER WIRT. Oh, Ihro Gnaden! zanken? da sei Gott vor! Ihr untertänigster Knecht sollte sich unterstehen, mit einem, der die Gnade hat, Ihnen anzugehören, zu zanken?

JUST. Wenn ich ihm doch eins auf den Katzenbuckel geben dürfte! – –

DER WIRT. Es ist wahr, Herr Just spricht für seinen Herrn, und ein wenig hitzig. Aber daran tut er recht; ich schätze ihn um so viel höher; ich liebe ihn darum. –

JUST. Daß ich ihm nicht die Zähne austreten soll!

DER WIRT. Nur schade, daß er sich umsonst erhitzt. Denn ich bin gewiß versichert, daß Ihro Gnaden keine Ungnade deswegen auf mich geworfen haben, weil – die Not – mich notwendig –

V. TELLHEIM. Schon zuviel, mein Herr! Ich bin Ihnen schuldig; Sie räumen mir in meiner Abwesenheit das Zimmer aus; Sie müssen bezahlt werden; ich muß wo anders unterzukommen suchen. Sehr natürlich! –

DER WIRT. Wo anders? Sie wollen ausziehen, gnädiger Herr? Ich unglücklicher Mann! ich geschlagner Mann! Nein, nimmermehr! Eher muß die Dame das Quartier wieder räumen. Der Herr Major kann ihr, will ihr sein Zimmer nicht lassen; das Zimmer ist sein; sie muß fort; ich kann ihr nicht helfen. – Ich gehe, gnädiger Herr – –

V. TELLHEIM. Freund, nicht zwei dumme Streiche für einen! Die Dame muß in dem Besitze des Zimmers bleiben. – –

DER WIRT. Und Ihro Gnaden sollten glauben, daß ich aus Mißtrauen, aus Sorge für meine Bezahlung? – – Als wenn ich nicht wüßte, daß mich Ihro Gnaden bezahlen können, sobald Sie nur wollen. – – Das versiegelte Beutelchen – fünfhundert Taler Louisdor stehet drauf – welches Ihro Gnaden in dem Schreibepulte stehen gehabt – – ist in guter Verwahrung. –

V. TELLHEIM. Das will ich hoffen; so wie meine übrige Sachen. – Just soll sie in Empfang nehmen, wenn er Ihnen die Rechnung bezahlt hat. – –

DER WIRT. Wahrhaftig, ich erschrak recht, als ich das Beutelchen fand. – Ich habe immer Ihro Gnaden für einen ordentlichen und vorsichtigen Mann gehalten, der sich niemals ganz ausgibt. – – Aber dennoch – – wenn ich bar Geld in dem

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