Ungekürztes Werk "Mozart auf der Reise nach Prag" von Eduard Mörike (Seite 137)

Gott sei Dank, bin wohl versehn.

– Diese Schuh', mußt du verstehn,

Der vielberühmt' Doktor Veylland

Nächst an der Stadt Jerusalem fand,

Unterm Schutt in einer eisen Truh',

Ein gar alt Pergament dazu

Mit Judeng'schrift. Selbes bekennt:

Als Mose nun hätt' Israels Heer

Geführet durch das Rote Meer

Und König Pharao, Reiter und Wagen

Ersäufet in der Tiefe lagen,

Frohlockt' das Volk auf diesen Strauß

Zog weinend Schuh' und Stiefel aus

Am Stecken sie zu tragen heim,

Ins Land, wo Milch und Honigseim,

In ihren Häusern sie aufzuhenken

Zu solches Wunders Angedenken.

Aus sechshunderttausend ohngefahr

Erlas man diese dreißig Paar'

Und brachte sie an sichern Ort,

Als einen künftigen Segenshort,

Daß wer das Leder küssen mag

Sei ledig seiner Lebetag

Von Allerweltsart Wassersnot,

Auch Wassersucht und sottem Tod.

Der Schäfer:

Hast du das G'schrift auch bei der Hand?

Der Narr:

Das, meint' ich, gäb' dir dein Verstand.

Es liegt im Kräben unterst drin;

Und hätt' ich's nicht, gält's her wie hin.

Die War' blieb trocken auf Meeresgrund

Und ist brottrocken auf diese Stund!

Nun kenn' ich einen guten Pfaffen,

Der soll mir helfen mein Ding beschaffen,

Soll es anrühmen dem Provinzial,

Der meld't's gen Rom dem General.

Da wird sehr bald Bescheid ergehn,

Man wöll' der Sach' nit widerstehn,

Sie solln nur forschen bei diesem Jobst,

Was er lieber wär', Prior oder Probst.

Als denn der Narr zum Pater in seine Zelle kommt und ihm den Antrag stellt, begehrt derselbe allererst das Pergament zu sehen. Ja, sagt der Schelm, vorm Jahr noch hätt' er's ihm wohl weisen können, allein, ganz schrumpflig, mürb und brüchig, wie er es überkommen, sei es ihm nach und nach zuschanden gegangen. Dafür zieht er aus seinem Korb hervor ein alt, schwer, eisen Marschloß*, vorgebend, es sei vor der Truchen gelegen. Der Mönch, wie leicht zu denken, hält ihm nichts drauf, verachtet ihm sein ganz Beginnen, verwarnet und bedrohet ihn gar. Der Narr, weil er vermeint, die Sach' an ihr selbsten gefiel' ihm schon, sie möchte wahr sein oder nicht, er scheue minder den Betrug als den Genossen, erboset er sich sehr in anzüglichen Reden und spricht mit der Letzt:

Sag, Pfaff', tust du die Bibel les'n?

Der Pater:

War die ganz Wuchn drüber g'sess'n.

Der Narr:

Ich dacht' nur, weil sie in Latein.

Der Pater:

Wohl! daß nit jeds Vieh stört hinein.

Der Narr:

Wohlan, so weißt du baß dann ich,

Was dort geweissagt ist auf dich

Und die Frau Mutter der Christenheit,

Wie ihr es nämlich treibt die Zeit.

Zum Exempel Proverbia

Im dreiß'gisten, was steht allda?

Die Eigel* hat zwo Töchter schnöd:

Bring her, bring her, heißen alle beed.

Die ein' hat einen Ablaßkram,

Die ander heischet sonder Scham.

– Ei, das hofft' ich nur auch zu nutzen.

Pfaff', du tätst mit, hätt's nit sein Butzen!

So zieht er ab mit seinem Kräben, unter heftigem Schelten und Drohen des Mönchs. Noch aber läßt er sein Vorhaben nicht, ein Kloster zu erbauen, und sollen ihm die Bundschuh' und die Stiefel inallweg dazu helfen. Sobald er wieder auf der Straßen ist, spricht er:

Jetzt, wüßt' ich nur 's Pechfisels Haus!

Der macht' mir ein' Trupp Münchlein draus;

Die schicket' ich dann in die Welt,

Zu kollektiern ein Gottesgeld.

Vielleicht er macht sie mir gleich beritten

Auf Saumrößlein mit frommen Sitten:

Sie kämen doch viel ringer* so 'rum,

Als wie per pedes apostolorum.

Nachdem er lang vergebens überall dem kleinen Schuster nachgefragt, so findet er denselben

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