Ungekürztes Werk "Mozart auf der Reise nach Prag" von Eduard Mörike (Seite 139)
tot.«
Die Meisterin saß bleich als wie die Wand auf ihrem Stuhl, der Gesell aber, wähnend, sie sei darob verwundert viel mehr denn entsetzt, lachte und rief: »Der ist kein Narr! er meint, wenn man es einmal recht verschmeckte, fräß' einer leicht auf einen Sitz drei Laib'!« Darauf die Frau zwar gleichermaßen groß Ergötzen an dem Tier bezeugte; doch mochte es ihr wind und weh* inwendig sein, und als der Bräutigam, nachdem er lang genug von dem närrischen Vogel gered't und Scherz mit ihm getrieben, jetzo von andern, nötigen Dingen zu handeln begann: wie sie es künftighin im Haus einrichten wollten, wen von den Gesellen behalten, wem kündigen und so mehr, war sie mit den Gedanken unstet immer nebenaus; das wollten sie bei guter Zeit ausmachen, sagte sie, tat schläfrig, besah die Haube noch einmal und setzte sie auf vor dem Spiegel. »Puh! friert's mich in der Hauben!« rief sie zumal und schüttelte sich ordentlich, »das Silber kältet so.« Dann sagte sie: »Wenn schwarze Band' dran wären, mein! es wär' recht eine Armesünderhaube für eine fürstliche Person!« und lachte über diese ihre Rede einen Schochen, daß den Gesellen ein Gräusel ankam. Gleich aber war sie wieder recht und gut, gespräch, liebkoste dem Gespons und machte ihn vergnügt, wie er nur je gewesen. Darnach so gaben sie einander küssend Gute Nacht, und ging er aller guten Dinge voll auf seine Kammer.
Den andern Morgen, es war Sonntag, sah er den schönen Sittich nicht mehr sitzen in dem Ring, und die Meisterin sagte mit unholder Miene: »Das Schnitzbrot hat ihm schlecht getan, ich fand ihn unterm Bank da tot und steif und schafft' ihn mir gleich aus den Augen.«
Das deuchte dem Gesellen doch fast fremde, auch sah er einen Blutfleck am Boden. Am meisten aber wunderte und kränkte ihn, daß ihm die Frau so schnorzig* war.
Am Nachmittag, weil seine Braut nicht heimkam von der Kirche aus, spazierte er mit seinen Kameraden um den Wall nach einer neuen Schenke gegen Söflingen. Einer von ihnen schlug ein paarmal bei ihm auf den Busch und stichelte auf seine Liebste; da denn ein anderer, ein loser Hesse, den Scherz aufnahm und sagte: der Fang wär' recht für einen Schwaben, die haben gute Mägen, Schuhnägel zu verdauen.
Weil nun der Seppe nicht verstand, wie das gemeint sei, blieb er mit seinem Nebenmann, einem ehrlichen Sindelfinger, ein wenig dahinten und frug ihn darum. »Das ist dir eine neue Mär?« sprach der gar trocken. »Deine Meisterin, sagt man, hab' in Zeit von drei Jahr ihren zween Männern mit Gift vergeben. Vom letzten soll es sicher sein, vom ersten glaubt's darum ganz Ulm. Den zweiten hat man erst verwichenes Frühjahr begraben. Die Richter hätten ihr das Urteil gern zum Tod gesprochen, konnten aber nichts machen, denn auf dem Sterbbett sagte ihr Mann, er habe Schuhnägel gefressen. Dergleichen fanden sich nachher auch richtig in dem Leib, allein man glaubt, er habe sie in Schmerzen und Verzweiflungsmut, als er das Gift gemerkt, nur kurze Zeit vor seinem End' geschluckt.«
Dem Seppe verging das Gesicht. Er schritt