Ungekürztes Werk "Mozart auf der Reise nach Prag" von Eduard Mörike (Seite 138)
von ungefähr beim Bupsinger Brünnlein sitzen, an dem Berg, darin seine Wohnung und Werkstatt ist und wo er eben einen Becher Wassers schöpfte. Der Narr mit großer Scheinheiligkeit entdeckt ihm sein Anliegen, doch der Pechschwitzer antwortet ihm:
Ich dient' Euch gern, mein guter Freund,
Aber was geistlich' Sachen seind,
Laßt meine Kunst mir unverworrn;
Er brächt' mir eitel Haß und Zorn.
Mein Rat ist darum: geht zur Stund',
Verkauft, so gut Ihr könnt, den Schund.
Bei die Bupsinger droben, hör' ich, wär'
Großer Mangel eine Weil' schon her.
So brauchet es kein lang Hausieren.
Doch müßt Ihr nicht Eur Geld verlieren,
Wolln sie mit dem Beutel nit schier* heraus,
Droht, es käm' ihnen der Werr* ins Haus,
Der Presser; das werden sie schon verstehn.
Darauf der Narr:
Ich folg' Euch, Meister, und dank' Euch schön.
Jetzt kommt das Lustigste, das aber muß man sehen: wie nämlich Bernd Jobst in dem Dorf seinen Korb auf der Gasse ausschüttet, die Bauren aus den Häusern kommen und gleich ein groß Geriß anhebt, da jeder mit Geschrei sein Eigentum aussucht und alle sich untereinander als Diebe verraten. Sie weigern sich der Zahlung gar hartselig*, bis sich der Jobst anstellt zu gehen und sich etwas verlauten läßt vom Werr, daß er ihn schicken wolle. Auf dieses ist mit eins ein jeder willig und bereit, ja auch der gröbste Torangel* zahlt, was ihn ein neues Paar vom Krämermarkt nicht kostete.
Allmittelst hat der Schäfer bei Gelegenheit dem Grafen erzählt, was Wunderlichs der Jobst vorhabe, der Doktor aber es bestätigte nach dem, was er vom Pechschwitzer vernommen, und ist das Ende von dem Lied, daß Herr Konrad dem Narren für diesmal Vergebung erteilt, weil ihm der Schwank gefallen.«
So erzählte der Seppe. Die Meisterin hörte ihm nur so aus Höflichkeit zu und insgeheim mit Gähnen. »Ja, ja«, sprach sie am Ende, »das sind mir einmal Sachen!« und nahm das Ränftlein in die Hand, das er von seinem Brot übriggelassen. Nun, muß man wissen, hatte sie am Fenster einen schönen großen Vogel, der saß in seinem Ring frei da. Ihr erster Mann nahm ihn einmal an Zahlungsstatt von einem bösen Kunden an; es war ein weißer Sittich* mit einem schwarzen Schnabel und auch dergleichen Füßen. Er sollte, hieß es, alles sprechen, wenn er das rechte Futter bekäme, und ob er zwar die ganze Zeit nicht sprach und sich der Schuster dessenthalb betrogen fand, so ward er doch der Frau Liebling.
Derselbe schaute jetzt der Meisterin, wie sie das Restlein Brot so hielt, mit einem krummen Kopf begierig auf die Finger. Da sagte sie zu ihrem Bräutigam: »Soll es der Heinz nicht haben?« Der Seppe dachte freilich: Damit geht manches Hundert schöner Laiblein ungesehn zuschanden; doch gab er ihr zur Antwort: »Was mein ist, das ist Euer, und was Euch hin ist, soll auch mir hin sein.« So schnellte sie den Brocken ihrem Heinz hinauf, der schnappte ihn, zerbiß und schluckt' ihn nieder; kaum aber war's geschehn, so hub der Sittich an zu reden und brachte laut und deutlich diese Worte vor:
»Gut, gut, gut – ist des Hutzelmanns sein Brot.
Wer einen hat umbracht und zween, schlägt
auch den dritten