Ungekürztes Werk "Die Räuber" von Friedrich Schiller (Seite 34)

ansetzen. – Oder besser und kürzer: Du gehst und wirfst einen vollen Beutel auf die offene Straße, versteckst dich irgendwo, und merkst dir wohl, wer ihn aufhebt. – Eine Weile drauf jagst du hinterher, suchst, schreist und fragst nur so im Vorbeigehen: Haben der Herr nicht etwa einen Geldbeutel gefunden? Sagt er: ja! – nun, so hat’s der Teufel gesehen; leugnet er’s aber: der Herr verzeihen – ich wüßte mich nicht zu entsinnen, – ich bedaure, – (aufspringend) Bruder! Triumph, Bruder! Lösch deine Laterne aus, schlauer Diogenes! – Du hast deinen Mann gefunden.

Razmann. Du bist ein ausgelernter Praktikus.

Spiegelberg. Mein Gott! als ob ich noch jemals daran gezweifelt hätte. – Nun du deinen Mann in dem Hamen hast, mußt du’s auch fein schlau angreifen, daß du ihn hebst! Siehst du, mein Sohn, das hab ich so gemacht: – Sobald ich einmal die Fährte hatte, hängt ich mich meinem Kandidaten an wie eine Klette, saufte Brüderschaft mit ihm, und Notabene! zechfrei mußt du ihn halten! da geht freilich ein Schönes drauf, aber das achtest du nicht – – Du gehst weiter, du führst ihn in Spielkompagnien und bei liederlichen Menschern ein, verwickelst ihn in Schlägereien und schelmische Streiche, bis er an Saft und Kraft und Geld und Gewissen und gutem Namen bankrutt wird, denn inzidenter muß ich dir sagen, du richtest nichts aus, wenn du nicht Leib und Seele verderbst – Glaube mir, Bruder! das hab ich aus meiner starken Praxis wohl fünfzigmal abstrahiert, wenn der ehrliche Mann einmal aus dem Nest gejagt ist, so ist der Teufel Meister – Der Schritt ist dann so leicht – o, so leicht als der Sprung von einer Hure zu einer Betschwester. – Horch doch! was für ein Knall war das?

Razmann. Es war gedonnert, nur fortgemacht!

Spiegelberg. Noch ein kürzerer, besserer Weg ist der: Du plünderst deinem Mann Haus und Hof ab, bis ihm kein Hemd mehr am Leibe hebt, alsdann kommt er dir von selber. – Lern mich die Pfiffe nicht, Bruder – frag einmal das Kupfergesicht dort – Schwere Not! den hab ich schön ins Garn gekriegt – ich hielt ihm vierzig Dukaten hin, die sollt er haben, wenn er mir seines Herrn Schlüssel in Wachs drücken wollte – denk einmal! die dumme Bestie tut’s, bringt mir, hol mich der Teufel! die Schlüssel, und will itzt das Geld haben – Monsieur, sagt ich, weiß Er auch, daß ich itzt diese Schlüssel gerades Wegs zum Polizeileutnant trage und Ihm ein Logis am lichten Galgen miete? – Tausend Sakerment! da hättest du den Kerl sehen sollen die Augen aufreißen und anfangen zu zappeln wie ein nasser Pudel. – – »Ums Himmels willen, hab der Herr doch Einsicht! ich will – will –« Was will er? will Er itzt gleich den Zopf hinaufschlagen und mit mir zum Teufel gehn? – »O, von Herzen gern, mit Freuden« – Hahaha! guter Schlucker, mit Speck fangt man Mäuse. – Lach ihn doch aus, Razmann! Hahaha!

Razmann. Ja, ja, ich muß gestehen. Ich will mir diese Lektion mit goldnen Ziffern auf meine

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