Ungekürztes Werk "Die Räuber" von Friedrich Schiller (Seite 35)

Hirntafel schreiben. Der Satan mag seine Leute kennen, daß er dich zu seinem Mäkler gemacht hat.

Spiegelberg. Gelt, Bruder? und ich denke, wenn ich ihm zehen stelle, läßt er mich frei ausgehen. – Gibt ja jeder Verleger seinem Sammler das zehente Exemplar gratis, warum soll der Teufel so jüdisch zu Werk gehn? – Razmann! ich rieche Pulver –

Razmann. Sapperment! ich riech’s auch schon lang. Gib acht, es wird in der Nähe was gesetzt haben! – Ja, ja! wie ich dir sage, Moritz – Du wirst dem Hauptmann mit deinen Rekruten willkommen sein – er hat auch schon brave Kerl angelockt.

Spiegelberg. Aber die meinen! die meinen – Pah –

Razmann. Nun ja! sie mögen hübsche Fingerchen haben – aber ich sage dir, der Ruf unsers Hauptmanns hat auch schon ehrliche Kerl in Versuchung geführt.

Spiegelberg. Ich will nicht hoffen.

Razmann. Sans Spaß! und sie schämen sich nicht, unter ihm zu dienen. Er mordet nicht um des Raubes willen wie wir – nach dem Geld schien er nicht mehr zu fragen, sobald er’s vollauf haben konnte, und selbst sein Dritteil an der Beute, das ihn von Rechts wegen trifft, verschenkt er an Waisenkinder oder läßt damit arme Jungen von Hoffnung studieren. Aber soll er dir einen Landjunker schröpfen, der seine Bauern wie das Vieh abschindet, oder einen Schurken mit goldnen Worten unter den Hammer kriegen, der die Gesetze falschmünzt und das Auge der Gerechtigkeit übersilbert, oder sonst ein Herrchen von dem Gelichter – Kerl! da ist er dir in seinem Element und haust teufelmäßig, als wenn jede Faser an ihm eine Furie wäre.

Spiegelberg. Hum! hum!

Razmann. Neulich erfuhren wir im Wirtshaus, daß ein reicher Graf von Regensburg durchkommen würde, der einen Prozeß von einer Million durch die Pfiffe seines Advokaten durchgesetzt hätte; er saß eben am Tisch und brettelte – Wieviel sind unserer? frug er mich, indem er hastig aufstand; ich sah ihn die Unterlippe zwischen die Zähne klemmen, welches er nur tut, wenn er am grimmigsten ist. – Nicht mehr als fünf! sagt ich – Es ist genug! sagt er, warf der Wirtin das Geld auf den Tisch, ließ den Wein, den er sich hatte reichen lassen, unberührt stehen – wir machten uns auf den Weg. Die ganze Zeit über sprach er kein Wort, lief abseitwärts und allein, nur daß er uns von Zeit zu Zeit fragte, ob wir noch nichts gewahr worden wären, und uns befahl, das Ohr an die Erde zu legen. Endlich so kommt der Graf hergefahren, der Wagen schwer bepackt, der Advokat saß bei ihm drin, voraus ein Reuter, nebenher ritten zwei Knechte – da hättest du den Mann sehen sollen, wie er, zwei Terzerolen in der Hand, vor uns her auf den Wagen zusprang! und die Stimme, mit der er rief: Halt! – Der Kutscher, der nicht Halt machen wollte, mußte vom Bock herabtanzen; der Graf schoß aus dem Wagen in den Wind, die Reuter flohen – Dein Geld, Kanaille! rief er donnernd – er lag wie ein Stier unter dem Beil – Und bist du der Schelm, der die Gerechtigkeit

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